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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
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war die Eigenthuͤmlichkeit des Slaventhums dem großen Karl zu fremd, ſeine Aufmerkſamkeit noch zu ſehr auf die Emancipation der Sachſen gerichtet, und das Havelland ſeinem Geſichtskreiſe zu fern, als daß er mit voller Energie fuͤr die Aufnahme dieſer Heiden in die Sphäre chriſtlich-abendländiſchen Geiſtes Hätte wirken koͤnnen. Seinen ſchwachen Nachfolgern wurde es kaum moͤglich, das Errungene und Begruͤndete zu behaupten. An Er weiterung wurde ſo wenig gedacht, daß vielmehr ſlaviſches Weſen über die Elbe vordrang, und auf chriſtliche und germaniſche Ber; haͤltniſſe weithin einwirkte. Unter dem kraͤftigen Geſchlechte der ſaͤchſiſchen Kaiſer wurde im zehnten Jahrhundert der Kampf ges gen die ſtammfeindlichen, heidniſchen Slaven mit groͤßerer Ener gie wieder aufgenommen, allein die Verſunkenheit der chriſtlichen Kirche in jener Zeit hatte dieſem Kampfe das Moment religioͤſer Begeiſterung genommen und das Streben der Deutſchen richtete ſich groͤßtentheils nur auf die politiſche Unterjochung der Heiden, nicht, oder nur nebenher, auf deren Erhebung in die hoͤhere chriſtliche Lebensſphaͤre. Wichtig war es indeß für die Folgezeit, daß Heinrich der Vogelſteller am linken Elbufer, der Havelmuͤn dung gegenuͤber, im Sachſenlande einen Markgrafen einſetzte, und die Unterwerfung und Bekehrung der Slaven zu deſſen Hauptaufgabe machte; denn dieſe Markgrafſchaft blieb nicht nur der Stuͤtzpunkt aller ſpaͤteren Unternehmungen gegen die Heiden, ſondern wurde auch die Baſis des jetzt fo mächtigen brandenbur giſch-preußiſchen Staatsgebaͤudes. Weniger Bedeutung hatte es, daß Otto der Große durch Waffengewalt die Bisthuͤmer Havel berg(946) und Brandenburg(949) gründete, Die geiſtige Ueberlegenheit der Deutſchen hatte im erſten Andrange uͤber die trotzige und empfindungsloſe Tapferkeit der Slaven geſiegt, aber die chriſtlichen Inſtitute, welche dem Siege dauernden Erfolg hätten geben und die Eroberung befeſtigen muͤſſen, waren zur Erreichung weltlicher Zwecke herabgewuͤrdigt, und konnten keinen Einfluß auf die Gemuͤther der Heiden gewinnen. So entſtand ein Kriegszuſtand, der Jahrhunderte lang fortwaͤhrte; denn der Slave iſt von hartnaͤckiger und zaͤher Natur, und obwohl. im Allgemeinen unluſtig zum Kriege, doch darin ausdauernd und un erſchuͤtterlich bis zum Tode, wenn ihn Leidenſchaft oder Noth

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