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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
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das geiſtige Element vor dem auf weltliche Intereſſen gerichteten

reflectirenden Verſtande in den Hintergrund. Die Folge dieſer Entgeiſtigung der Kirche war theils und hergebrachten Formen, weil die Beduͤrfniſſen der Gemeinde entſprochen haͤtten, theils die wach ſende Machtvollkommen

ßung des heiligen Geiſtes an ſeine Juͤnger ſich vorzugsweiſe auf

Hangen an den alten

elben fruͤher den geiſtigen heit der Geiſtlichkeit, weil Chriſti Verhei

die Diener der Kirche beziehe, und ſie zur Herrſchaft über die Chri ſtenheit berechtige. Dieſem der völligen Verweltlichung des Chriſten­thums 3 zufuͤhrenden Entwicklungsgange war die Kirche in dumpfer Bewußtloſigkeit gefolgt, als nach der Mitte des elften Jahrhunderts der hochbegabte Papſt Gregor VII. das im Dunkel der Ahnung und des Gefuͤhls verſchloſſene, aber nichtsde eſtoweniger die Welt beherrſchende Princip der Zeit erkannte, es in die Klarheit des Gedankens erhob, und mit kuͤhner Energie als leitenden Grund ſatz an die Spitze der fernern kirchlichen Entwicklung ſtellte. So wurde d

ie Lehre von der Tradition und von der Unfehlbarkeit des Papſtes begründet, und fo erwuchs von dem allgemeinen

i Aufſchwunge der Zeit beguͤnſtigt, binnen zwei Jahrhunderten der Rieſenbaum der roͤmiſchen Hierarchie, unter deſſen ſchirmendem Wipfel ſich alle jene großartigen und wunderbaren Erſcheinungen erzeugten, welche das Mittelalter in der gegenwartigen Zeit zu dem anziehendſten Gegenſtande hiſtoriſcher Forſchungen machen. Die Hierarchie iſt weder abſolut zu billigen, noch abſolut zu ver werfen, aber das laͤßt ſich von einem rein hiſtoriſchen Stand punkte aus behaupten, daß ſie mit ihren eigenthuͤmlichen kirchli chen mn tuten und ihrem unermeßlichen Einfluſſe auf alle, ſo geiſtliche Lebensverhaͤltniſſe des Abendlandes ſich nur deßhalb zu folder Macht und Höhe entwickelte, weil dieſe Entwicklung der chriſtlichen Menſchheit jener Zeit in Folge ruͤherer Zuſtaͤnde wahrhaft nothwendig und förderlich war.

wohl weltliche, wie

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In dieſer Zeit alſo, in der die groͤßten Kirchenfuͤrſten des Mittelalters vom Geiſte der Zeit getragen und getrieben an dem der die abend

ländiſche Chriſtenheit voll religioͤſer und ritterlicher Begeiſterung

Bau des hierarchiſchen Syſtems arbeiteten, in

egen den Orient ſtuͤrmte, um das Land zu erobern, auf dem

er Fuß des Herrn gewandelt, in der die maͤchtigen und wun

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