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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
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Fortſchritt des rohen Naturmenſchen, daß er werde des

Landes und Bodens, von dem feine phyſiſche Exiſtenz abhangt, daß er ſich an die Scholle binde, von der er fein tägliches Brod empfaͤngt, daß er mit Pflug und Spaten den Acker bearbeite und gleichſam die Natur uͤberwinde, um durch dieſen harten Kampf mit den Elementen ſich zu freierer Geiſtesthätigkeit fähig zu machen, und den Raum zu wahrem Geiſtesleben zu gewin nen. Viel aber haben in dieſer Beziehung nächſt den eingewan derten deutschen Coloniſten jene kirchlichen Inſtitute, in deren Beſitz ein ſo bedeutender Theil des urſpruͤnglich wuͤſten und wilden Landes war, durch Beiſpiel und Aufmunterung fuͤr die ſlaviſchen Bewohner der Marken gewirkt. Aber es wurden durch ſie nicht blos Ackerbau und Viehzucht in Aufnahme gebracht, Wälder ge lichtet, Suͤmpfe ausgetrocknet und zu fruchttragendem Boden um gewandelt, Erfindungen und Kuͤnſte ins Land gezogen, uͤberhaupt die Kultur des Suͤdens und Weſtens, nach Oſten und Norden

verpflanzt, ſondern es wurde die maͤrkiſche Bewohnerſchaft in re-

ligioͤſer, intellectueller und bürgerlicher Beziehung auf die S tufe der Bildung und Entwicklung hinaufgehoben, auf welcher damals das uͤbrige Deutſchland ſtand. Ja die Mark wurde durch ſie befaͤhigt, ſelbſt diejenigen Länder an wahrer Geiſtesbildung zu uͤberfluͤgeln, welche der Segnungen des Chriſtenthums viele Jahr hunderte früher theilhaftig geworden waren, und dem Gleichniſſe des Herrn(Matth. 20.) ward auch in dieſem Kreiſe Geltung verſchafft, daß die ſpaͤter Berufenen oͤfter noch eher zum Ziele gelangen, als die, welche fruͤher die Bahn betreten haben. Zu den Anfaͤngen intellectueller Entwicklung und eines gutgeordneten Zuſtandes in Kirche und Staat waren beſonders die Domſtifter

vortreffliche Mittel. Sie waren urſpruͤnglich eine Art Akademie junger Geiſtlicher oder Predigt: Amts; Candidaten, die den Dis ſchof in feiner geiſtlichen Amtsfuͤhrung und bei der Belehrung des Volks unterſtuͤtzten, vorzugsweiſe aber ſich ſelbſt gegenſeitig unterrichten und zu tuͤchtigen Religionslehrern ausbilden ſollten. Was in ſpaͤtern Jahrhunderten dem Volke zu einer druͤckenden Laſt wurde, und den Fuͤrſten Anlaß zu zahlloſen Klagen gab, der Einfluß nehmlich und die Eingriffe der Geiſtlichkeit in die buͤr

gerlichen und haͤuslichen Angelegenheiten, das war damals von