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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
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So ſtanden das geiſtliche und weltliche Oberhaupt einander gegenuͤber. Aber Bonifacius unterlag in ſeinem Kampfe mit Frankreich, und ſeine Nachfolger waren ſiebenzig Jahre hindurch zu Avignon von franzoͤſiſcher Politik abhängig. Darauf folgte ein vierzigjhriges Schisma und die Concilien zu Piſa, Coſtnitz und Baſel. Die paͤpſtliche Macht ſchien gebrochen. Dennoch war ſie ſeit der Mitte des funfzehnten Jahrhunderts befeſtigter, ſtaͤrker und unangreifbarer, als jemals fruͤher, und es wagte kaum noch der Gedanke ſich zu erheben, daß dieſes furchtbare Haupt der Hierarchie, das ſeit dem Kampſe mit den Hohenſtau fen eben ſo geſchickt die Mittel der Politik, des Aufruhrs und der Schlachten zu benutzen gelernt hatte, wie fruͤher nur den Bannſtrahl und den geiſtlichen Drohbrief, zu Fall gebracht wer den koͤnne. Was immer iſt, war auch hier. Sieger und Un terworfene wurden bethoͤrt. Die Paͤpſte uͤberließen im Gefuͤhl der Uebermacht und der Sicherheit ſich allem Uebermuth. Die Volker waren unzufrieden und zu jeder Neuerung geneigt, aber ihr Muth war gebrochen. Friede und Ruhe lagerten auf der Chriſtenheit, aber es war die Ruhe vor dem Gewitterſturm. Die weltlichen Mittel, deren ſich der roͤmiſche Stuhl Behufs der Aufrechthaltung ſeiner vorgeblich geiſtlichen Herrſchaft bediente, machten vor Allem große Geldeinkuͤnfte noͤthig, und neue Quel len des Einkommens zu eroͤffnen, wurde Hauptgeſchaͤft. Die Conſecration der Praͤlaten wurde immer theurer verkauft, das Jubeljahr eingeführt, das Dispenſations- und Ablaßweſen erwei­tert, die Annaten, d. h. die Einkuͤnfte eines Jahres von allen erledigten, nicht wählbaren Pfruͤnden, und die Quindenien, das Einkommen jedes funfzehnten Jahres von Stellen an Kloͤſtern, Hospitäͤlern, und überhaupt ſolchen, die nicht ein Jahr unbeſetzt bleiben konnten, gefordert, das Spolienrecht, die Einziehung des Vermögens verſtorbener Geiſtlichen zu Gunſten der paͤpſtlichen Schatzkammer, und der Aemterhandel immer weiter ausgedehnt. Bei den Paͤpſten aber, welche unmittelbar vor der Reformation die dreifache Krone trugen, finden ſich noch andere und größere Laſter. Innozenz VIII.(1484) ſcheute ſich nicht, ſeine unehli chen Kinder oͤffentlich anzuerkennen, und ſie mit Ehren und Reichthuͤmern der Kirche zu uͤberhaͤufen. Alexander VI.(14193)