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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
Seite
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vor feiner Erhebung ein beruͤchtigter Wuͤſtling, der ſich aber durch Beſtechung, und weil die andern Cardinale ein ähnliches Leben fuͤhrten, dennoch die dreifache Krone erworben, machte am Tage feiner Erhöhung feinen Sohn Caͤſar Borgia zum Erzbiſchof von Valenzia und ſpaͤter zum Biſchof von Pampeluna und zum Car dinal. Dieſer Borgia liebte ſeine Schweſter Lucretia, und weil er glaubte, daß ſie einen andern Bruder, den Herzog von Gan dia, mehr liebe als ihn, erſtach er ihn, woruͤber der Papſt, der mit derſelben Tochter auch in ſtrafbarem Umgange lebte, in ſolche Trauer verſetzt wurde, daß er ein Conſiſtorium berief und in den ſtaͤrkſten Ausdruͤcken darin betheuerte, er wolle ſeinen bisherigen Lebenswandel verlaſſen. Sechs Cardinaͤle ſollten mit ihm an der Verbeſſerung ſeines Hofes arbeiten. Allein ſobald der erſte heftige Schmerz geſtillt war, fing er ſein ausſchweifendes Leben von Neuem an. Er ſtarb an einem Gifttrank, den er fuͤr einen Cardinal hatte bereiten laſſen, nach deſſen Vermoͤgen er begierig war. Julius II.(1503) war nicht ſo laſterhaft wie Alexander VI., aber die Heftigkeit ſeines Characters, ſeine Ehrſucht und Politik, und ſein kriegeriſcher Sinn, der ihn mehr zu Schlachten und Belagerungen, als zu den friedlichen Beſchaͤftigungen eines Kir chenfuͤrſten antrieb, uͤbten nicht geringeren Einfluß auf die Ver ſchlechterung des kirchlichen Zuſtandes. Leo X.(1513) war we der fo laſterhaft wie Alexander VI., noch fo herrſchſuͤchtig, intri­gant und kriegeriſch wie Julius II., ſondern liebte vielmehr die Wiſſenſchaften und Kuͤnſte, aber er war einem uͤppigen Wohlle ben ergeben, und ermangelte alles Intereſſes an wahrhaft reli gioͤſen Angelegenheiten. Verachtung der Religion, Giftmiſcherei, Meuchelmord, ſchwelgeriſches Leben, Unzucht und andre Laſter waren am paͤpſtlichen Hofe an der Tagesordnung, und verbreite ten ſich von dort auf Geiſtlichkeit und Volk. Die Einheit der Chriſtenheit war dabei im Aeußern groͤßer als je vorher. Lega ten trugen die Perſon des Papſtes nach den entfernteſten Län: dern Europas hin. Das Dispenſationsrecht haftete ausſchließlich an dem roͤmiſchen Stuhle, in jeder kirchlichen Angelegenheit ſtand die Appellation an den Papſt frei, und in manchen gehoͤrte die Entſcheidung, mit Uebergehung der Biſchoͤfe, unmittelbar dem