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vom Fuͤrſten und deſſen Hofſtaat bis zum aärmſten Pilger eine ſichere Herberge gewaͤhrten, welche ſich der Armuth und Noth in jeder Geſtalt annahmen, welche das geringe Fuͤnkchen wiſſenſchaftlicher und kuͤnſtleriſcher Bildung im Leben erhielten. Gewiß iſt der Schaden, den ſie ſtifteten, vielmehr in den Folgen ihrer ſittlichen Verderbtheit aufzuſuchen, als in ihren äußern Verhaͤltniſſen zum Staate. Unter den Orden, die vorzugsweiſe in der Mark Brandenburg große Aufnahme gefunden haben, iſt zuerſt zu er— waͤhnen der Orden der Kalandsbruͤder oder der Elendsgilde. Die über ihn bekannt gewordenen Nachrichten ſtammen aus der erſten Haͤlfte des vierzehnten Jahrhunderts: doch erhellt aus einigen Urkunden, in denen er als von Alters her beſtehend bezeichnet wird, daß er ſeinen Urſprung ſchon laͤngere Zeit vor dem vierzehnten Jahrhundert genommen habe). In Betreff ſeiner Entſtehung in Berlin ſagt ein Biſchof von Brandenburg in ſeinem Beſtaͤtigungsbriefe dieſes Ordens folgendes: Da viele Hei mathloſe und ſchwache Prieſter, ohne Unterhalt, Obdach, und faſt von aller menſchlichen Huͤlfe verlaſſen auf den Kirchhoͤfen von Berlin und Coͤln ſich aufhielten und aus Mangel an den nothwendigſten Lebensbeduͤrfniſſen vor Hunger, Durſt und Kälte faſt umkamen, und wenn dies geſchehen war, in der duͤrftigſten Weiſe, als ob fie nicht Prieſter und mit dem heiligen Oele ges ſalbt geweſen waͤren, ohne alles Ceremoniell beerdigt wurden, ſo waͤren einige Weltgeiſtliche jener Staͤdte von Mitleiden bewegt zuſammengetreten, um ſich ſolcher Ungluͤcklichen zu erbarmen und um nach Forderung der Menſchlichkeit ihnen, ſo viel ſie nur koͤnnten, im Leben und im Tode Beiſtand zu leiſten. Auch haͤtten dieſe zur Aufbringung der Koſten eine nach gewiſſen Statu— ten handelnde Geſellſchaft eingerichtet und dieſelbe die Elendsgilde oder die Bruͤderſchaft der heimathloſen Prieſter in der Probſtei zu Berlin genannt.— Wenn dies der wahre Urſprung der Kalandsbruͤder iſt, ſo gereicht dieſe Stiftung zum Ruhme der Zeit, in der ſie entſtand. Aus andern Quellen iſt bekannt, daß die Mitglieder dieſes Ordens aus geiſtlichen und weltlichen
*) J. D. Köhleri sacra et illustris sodalitas beatae Marias
virginis in monte ad vetus Brandenburgum.