Perſonen beiderlei Geſchlechts beſtanden, daß ſie zu gewiſſen Zei ten zuſammen kamen, ſich gegenſeitig zu Unterſtuͤtzungen und an— dern guten Werken ermunterten, und daß ſolche Zuſammenkuͤnfte mit einem einfachen Mahle beſchloſſen wurden. Den Theilneh—mern gewaͤhrte dieſe Verbruͤderung den Vortheil, welcher im Mit— telalter gewiß ein bedeutendes Motiv zu den zahlloſen Stiftungen von Gilden, Orden und Vereinen aller Art war, daß nämlich die Mitglieder ſich auch zur Erreichung eigener Intereſſen inni— ger verbanden und wechſelsweiſe ihr leibliches und geiſtliches Wohl im Leben und auch nach dem Tode durch Fuͤrbitten, Vigilien und Seelenmeſſen zu foͤrdern ſuchten. Da dieſe Bruͤderſchaft, welche in ihrer urſpruͤnglichen Geſtalt ſehr den heutigen Vereinen zu milden Zwecken gleicht, nach dem Geiſte der Zeit ſich bald zu einem foͤrmlichen Orden umgeſtaltete, ſo war es natuͤrlich, daß ſie auch nach gewiſſen nur von den Biſchoͤfen und dem Papſte zu ertheilenden Gerechtſamen und Beguͤnſtigungen, nach eignen Altären in den Kirchen und beſonders nach liegenden Gruͤnden und eignen Haͤuſern ſtrebte, wo fie ihre Verſammlungen halten konnte. Dieſe Beſitzungen, deren ſie wegen ihrer heilbringenden Wirkungen bald eine große Menge erlangte, wurden Kalandsguͤter, Kalandshaͤuſer, Kalandshoͤfe genannt. Aus dieſer Zeit fuͤhrt in Berlin ein bei der Kloſterſtraße gelegener Hof mit meh— 1 rern Gebaͤuden noch jetzt den Namen des Kalandshofes. Dieſe Bruͤderſchaft, welche anfangs in einem ſo ehrwuͤrdigen Charakter auftrat, artete im funfzehnten Jahrhundert ſo ſehr wie nur irgend einer jener geiſtlichen Orden aus. In der letzten Zeit vor der Reformation waren die Kalandshaͤuſer zu privilegirten Trink; und Spielhaͤuſern geworden, und ſtatt uͤber das Wohl des Naͤchſten berieth man ſich nur noch uͤber die Vermehrung der Guͤter und der Privilegien. Außerdem kam man zuſammen, um üppige Schmaufereien zu Halten und Tage und Nächte lang mit einander zu ſchwelgen, wozu die großen Kapitalien der Geſellſchaft die Mittel hinreichend darboten. Wie allgemein bekannt das Leben | der Kalandsbruͤder war, bezeugt die Anwendung des Wortes ka. lendern, welches man als gleichbedeutend mit Trinken, Schmau— ſen, Schwelgen gebrauchte. Außer in Berlin waren Kalands— haͤuſer und Kalandsgeſellſchaften noch an vielen andern Orten in
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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Seite
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