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in welchem eine große Menge von Ablaß-, Milch- und Butter briefen und andre Documente derſelben Art in deutſcher Ueber ſetzung abgedruckt ſind. Am empoͤrendſten bleibt für uns, daß man ſich in Rom der Schaͤndlichkeit des Ablaßhandels bewußt war, und daß man der Dummheit und Indolenz der Deutſchen ſpottete, die auf ſo platte Weiſe ſich ihres Geldes berauben lie— ßen. Caͤſar Borgia, der beruͤchtigte Sohn des eben fo beruͤch tigten Vaters, des Papſtes Alexander VL, ſagte von dem Gelde, das von dem Ablaßhandel nach Rom geſchickt wurde:„es iſt Suͤndengeld der Deutſchen, was kann man beſſeres damit thun, als es verpraſſen?“ Aehnliche Urtheile find von Päpften und roͤmiſchen Hoͤflingen vielfach über die Deutſchen gefällt worden, wie ſie denn uͤberhaupt von den Italienern als ganz rohe, halb— barbariſche Menſchen betrachtet wurden.
Da die Schilderung der vorreformatoriſchen Zeit nur des: halb hier einen Platz gefunden hat, um die Nothwendigkeit einer durchgreifenden Kirchenverbeſſerung und die dieſelbe vorbereiten: den Umſtaͤnde zu zeigen, ſo muß noch von dem Geiſte geſprochen werden, der allen jenen erwaͤhnten Erſcheinungen im Kirchen— thume zum Traͤger diente. Aus dieſen geiſtigen Verhaͤltniſſen, aus dieſer innern Seite des Lebens der damaligen Menſchheit kann allein die Blitzesſchnelle begriffen werden, mit welcher ſich die neuen Anſichten durch die Gemuͤther verbreiteten, koͤnnen allein die großen Erfolge erklärt werden, welche das in Bezug auf ſie abſichtsloſe Auftreten Luthers bewirkte. Man verfaͤhrt in gewiſſem Betracht mit der Beurtheilung geſchichtlicher Bege benheiten gar zu oft auf dieſelbe Weiſe, wie mit der Beurtheilung von Naturprodukten. Wie man hier bei den ſeltſamſten, ja wunderbarſten Erſcheinungen blos auf die äußern Umſtaͤnde, auf das Maaß der Wärme, die Fruchtbarkeit des Bodens, die Bewaͤſſerung u. ſ. w. ſieht, aber auf die dem Samenkorn oder der Pflanze inwohnenden eigenthuͤmlichen Anlagen und Kraͤfte, welche der wirkſamſte Grund der Entſtehung und des Wachs; thums des Naturprodukts ſind, wenig oder keine Ruͤckſicht nimmt, ſo ſucht man in der Geſchichte hauptſaͤchlich die äußern Umſtaͤnde nachzuweiſen, welche eine große Begebenheit hervorriefen und zu maͤchtigen Einfluſſe befoͤrderten, und bekuͤmmert ſich dabei