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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
Seite
99
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Geiſtes und während der ſchoͤnſten Zeit feines Lebens für Kul tur und Civiliſation gewirkt hatte, worin er feine hoͤchſte Be ſtimmung als Fuͤrſt und Menſch zu erreichen geglaubt, das ſollte er ſpaͤter zu Gunſten einer neuen Richtung, eines neu ſich bil­denden und von einem niedern Mönch ausgehenden Zeitgeiſtes hintanſetzen! Er hatte der Kirchenreformation vorgearbeitet, dem Herrn den Weg bereitet und ſeine Steige gerichtet Matth. 3, 3.), aber er ſelbſt konnte in dieſer Beziehung der Erloͤſer, ja ſelbſt das Vorbild ſeines Volks nicht werden.

Dem Willen ſeines Vaters gemaͤß und ſeinem eignen Wunſche genügend, gründete er die Univerſitaͤt zu Frankfurt a. d. O. Sein Vater hatte ſich dazu ſchon 1498 die paͤpſtlichen Privilegien verſchafft: aber erſt im Jahre 1506 konnte die feier­liche Einweihung derſelben ſtattfinden. Joachim wohnte ſammt ſeinem Hofſtaate, in dem ſich auch Trittenheim befand, dieſem Feſte bei. Der Doktor der Theologie, Conrad Wimpina*), der wie die meiſten Lehrer aus Leipzig berufen war, wurde zum erſten Rector erwaͤhlt, und dieſer Mann iſt es hauptſaͤchlich, der Anfangs die ſchnelle Aufnahme der Hochſchule bewirkte, wie er auch nachmals auf die Angelegenheiten der Reformation den nachtheiligſten und entſchiedenſten Einfluß ausübte. Zunaͤchſt war es die ſcholaſtiſche Philoſophie und Theologie, welche in Frankfurt hauptſaͤchlich kultivirt wurde: war hiermit nun einem freieren geiſtigen Aufſchwunge eine hemmende Schranke geſetzt, ſo war doch zugleich der Boden geebnet, und Allen, die in dem maͤrkiſchen Volke nach hoͤherer Verſtandes-Entwicklung und Er; weiterung ihrer Kenntniſſe ſtrebten, der Zutritt zu denjenigen Regionen geöffnet, in welchen ſich Überhaupt neue geiſtige Rich­tungen, Vorſtellungen und Gedanken erzeugen koͤnnen. Joachim hatte dadurch feinem Volke eben fo die Mittel zu weitern Be: ſtrebungen bereitet, wie er ſie ſelbſt als Privatmann in dem Unterrichte durch geſchickte Lehrer und in der Lectuͤre guter Schriften gefunden hatte. Auch der Kurfuͤrſt Friedrich der

*) Conradus Wimpina de Fagis, oder Wimpina de Buchen oder Conradus Cocus Wimpina de Buchonia genannt, war zu Bu­chen, einem kleinen Städtchen am Odenwalde 1460 geboren. Vergl. ſein Leben in Seidels Bilderſammlung, edirt von Küſter. S. 33.