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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
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ſten der noch lebenden Chriſten ſchalten koͤnne. Es ſoll ferner, um den Ablaß als den ſogenannten Jubelablaß anzupreiſen, der eigentlich nur in dem Jubeljahr in Rom ſelbſt ertheilt wird, dar­gethan werden, daß jede Stadt und jeder Ort, wo das Ablaß kreuz aufgerichtet iſt, für Rom, jeder Ablaßprediger und Beich­tiger fuͤr den Papſt und ſeine Stellvertreter in Rom zu halten ſei. Dann ſoll unter andern alſo geſprochen werden: Suchet den Herrn, denn er iſt nahe, und laͤßt ſich finden, bekehre dich Jeruſalem zu dem Herrn, deinem Gotte; wirket, wie Johannes ſagt, weil es Tag iſt, es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. Was gedenkſt du, warum zoͤgerſt du, dich zu bekehren, warum vergießeſt du jetzt keine Thraͤnen für deine Sünde, warum beichteſt du jetzt nicht vor=den Abgeordneten des aller heiligſten Herrn, des Papſtes? Du Prieſter, du Edelmann, du Kaufmann, du Weib, du Jungfrau, du Juͤngling, du Alter ſchaͤmſt dich in deine Kirche zu gehen, welche St. Peters Muͤn ſter iſt. Du ſchaͤmſt dich, das allerheiligſte Kreuz zu beſuchen, welches doch fuͤr dich erhoͤhet worden, und ſtets nach dir rufet und ſchreiet? Du ſchaͤmſt dich, das Kreuz mit einer Kerze zu beſuchen, aber ins Wirthshaus zu gehen ſchaͤmſt du dich nicht: du ſchamſt dich, zu dem apoſtoliſchen Beichtvater zu gehen, aber nicht zum Tanz! Ihr hoͤret nicht, eure Eltern und andere Verſtorbene rufen und ſchreien: Aber erbarmet euch doch, erbar­met euch doch meiner, denn die Hand des Herrn hat mich ge ruͤhrt: wir muͤſſen die haͤrteſte Marter und Qual ausſtehen, wovon ihr uns doch durch eine kleine Gabe erloͤſen koͤnnt, und ihr wollt es nicht. Ach thut doch euer Ohr auf, weil der Vater zum Sohn und die Mutter zur Tochter ſpricht: warum beißt ihr mich wie ein Zahn, und ſaͤttigt euch von meinem Fleiſch? als wollten ſie ſagen: wir haben euch erzeugt, ernährt, erzogen und euch unſere zeitlichen Guͤter hinterlaſſen, und ihr ſeid doch ſo hart und grauſam, daß, da ihr uns ſo leicht befreien koͤnnt, ihr dennoch nicht wollt, daß ihr uns in den Flammen liegen laſſet und uns hindert, zu der verheißenen Herrlichkeit zu gelan­gen. Ihr koͤnnt jetzt Ablaßbriefe erhalten, durch deren Kraft euch im Leben und in der Todesſtunde, auch in den außerordent­lichſten Fällen, vollkommne Vergebung und Erlaß der Strafen,