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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
Seite
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108.

zetteln koͤnnt ihr völligen Ablaß von allen bis dahin verwirkten Strafen erlangen. Gleiche Vergebung könnt ihr darauf in Folge dieſes Ablaſſes immer wieder im Leben und in der Todesſtunde, völligen Erlaß aller Strafen und Suͤnden und die Gemeinſchaft aller geiſtlichen Guͤter haben, die durch die ſtreitende Kirche und fuͤr alle Glieder derſelben vorhanden ſind. Wiſſet ihr nicht, daß, wenn jemand nach Rom gehen, oder andre gefährliche Reifen unternehmen will, er fein Geld zu einem Kaufmann bringt, und fuͤnf, ſechs oder zehn Procent giebt, um es in Rom oder an: derswo kraft ſeiner Wechſel ſicher zu erheben: und ihr wollet fuͤr einen Viertelgulden dieſe Briefe nicht nehmen, durch deren Kraft ihr nicht etwa Geld, ſondern die von Gott euch gegebene unſterbliche Seele ſicher und ohne Gefahr zu dem himmliſchen Vaterlande bringen koͤnnt. Darum rathe, ermahne, und ſoviel es ein Hirte thun mag, befehle ich euch, daß ihr zugleich mit mir und andern Prieſtern den koͤſtlichen Schatz annehmet, beſon ders aber denen, welche in dem heiligen Jubeljahre nicht gebeich­tet haben; denn es konnte euch begegnen, daß ihr gerne wolltet und nicht koͤnntet.

Ferner kannte Tetzel ſehr gut diejenigen bibliſchen Spruͤche, welche die Rechtmäßigkeit des paäͤpſtlichen Ablaſſes zu beweiſen ſchienen, und er bediente ſich ihrer Häufig: du biſt Petrus, dir will ich des Himmelreiches Schluͤſſel geben; alles was ihr auf Erden binden werdet, ſoll auch im Himmel gebunden ſein. Es iſt in dieſen Ermahnungen fo viel Ernſt und ſelbſt fo viel Chriſtliches, daß man, beſonders wenn wir den Zuſtand der damaligen katho liſchen Kirche im Allgemeinen betrachten, glauben moͤchte, daß der Ablaßhaͤndler Tetzel ſelbſt von der Wuͤrdigkeit und Nothwen­digkeit ſeines Berufes uͤberzeugt, und im Sinne jener Zeit ein rechter katholiſcher Chriſt geweſen ſei, allein dieſe Meinung wird uns genommen und Tetzel vielmehr als ein rechter Heuchler und Betruͤger dargeſtellt, wenn wir theils auf andere ſeiner Aeuße­rungen, theils auf ſein praktiſches Verfahren bei dem Ablaßge­ſchaͤfte ſehen. Sein Wahlſpruch war: die Welt will betrogen ſein; und ſo uͤberſchritt er daher nicht nur die ihm gegebenen,

ſondern auch die von ihm an andere ertheilten Verhaltungsregeln.

So ſind Aeußerungen, die er von der Kanzel herab ausſprach