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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
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und die uns von Zeitgenoſſen aufbewahrt find, eben fo unklug und zweckwidrig, wie ſchändlich und fuͤr ſeinen verworfenen Cha­rakter zeugend. Er ſagte: Wenn jemand die Mutter Chriſti ge­ſchaͤndet habe, und er kaufte deshalb nur Ablaß, ſo habe der Papſt die Gewalt im Himmel und auf Erden, ihm die Suͤnde zu vergeben, und wenn er ſie vergebe, ſo muͤſſe Gott ſie auch vergeben. Er wolle mit Petrus im Himmel nicht tauſchen, denn er habe mit ſeinem Ablaß mehr Seelen erloͤſet, als St. Peter mit der Verkündung des Evangeliums. Die Ablaßgnade waͤre eben die Gnade, durch die der Menſch mit Gott verſoͤhnt würde, Es wäre unnoͤthig, Buße, Reue und Leid fuͤr die Suͤnde zu haben, wenn man ſeine und des Papſtes Gnade und ſichere Briefe kaufte. Der Papſt habe mehr Macht, als die Apoſtel, Engel und Heiligen, und ſelbſt mehr als die Jungfrau Maria; denn dieſe ſtaͤnden unter Chriſtus, der Papſt aber waͤre ihm gleich. Chriſtus ſelbſt fuͤhre ſeit ſeiner Himmelfahrt bis zum juͤngſten Tage nicht mehr das Regiment in der Kirche, ſondern habe alle ſeine Macht dem Papſte, als ſeinem Stadthalter übergeben.

Auf dieſe Weiſe durchzog Tetzel Städte und Dörfer und es iſt kein Wunder, daß nicht nur viele arme Menſchen jenes unwiſſenden und aberglaͤubiſchen Zeitalters ſich nach dem Ablaſſe draͤngten, ſondern daß er auch von Vielen als ein rechter gna­denreicher Prediger geruͤhmt wurde. Von den Ablaßbriefen, die er in Berlin, wo er im Dominikanerkloſter auf dem Schloßplatze wohnte, ausgeſtellt hat, ſind noch zwei vorhanden, von denen der eine dem Empfaͤnger die Suͤnden im Allgemeinen erlaͤßt und Vergebung zuſagt, der andere Ablaß fuͤr einen beſtimmten Fall ertheilt. Dieſe Briefe oder Zettel waren mit einem rothen Kreuze und dem Wappen des Papſtes bedruckt. Wir fuͤgen den letzten Brief in deutſcher Ueberſetzung bei: 7

Johann Tetzel, Bruder des Dominikanerordens zu Leipzig, der heiligen Schrift Baccalaureus, ketzeriſcher Bosheit Unter; ſucher, des ehrwürdigen Vaters in Chriſto, Herrn Albrechts, des Erzbiſchofes von Mainz und Magdeburg u. ſ. w. des Papſtes

*) Angelus annales Marchiae, pag. 285.