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Urtheilsſpruch des großen und kleinen Bannes, fo du damit be: legt biſt, darnach von allen Cenſuren, Kirchenſtrafen und allen deinen Suͤnden, und theile dir laut Inhalt dieſes Briefes vollkommne Vergebung aller deiner Miſſethaten mit. Auch erlaſſe ich dir die Strafen des Fegefeuers, inſoweit ſich die Schluͤſſel der heiligen Mutter, der Kirche, erſtrecken. Im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geiſtes *).
Ungeachtet eine große Menge Volks, die um das Heil ihrer Seele bekuͤmmert war, aber doch lieber daſſelbe fuͤr einige Gro— ſchen erkaufen, als wahrhafte Reue und Buße thun wollte, ſich zu dem Ablaßprediger draͤngte, gab es doch auch Viele in un; ſerm Vaterlande, die die Nichtigkeit und Betruͤglichkeit des Ablaßhandels, wie auch den Geiz und die Herrſchſucht des Papſtes einſahen. In dem Staͤdtchen Belitz nahm Tetzel nicht einen Heller für feine bekreuzten Ablaßzettel ein, und er fällte daher uͤber deſſen Einwohner das merkwuͤrdige Urtheil: es muͤſſen all hier gar fromme oder gar boͤſe Leute ſein. Daſſelbe beweiſet die Erzaͤhlung von dem maͤrkiſchen Edelmanne, der ſeine Verhöhnung Tetzels ſoweit nicht wuͤrde getrieben haben, wenn ſich nicht be; reits ſehr laut und allgemein eine Stimme gegen das Ablaßweſen erhoben gehabt haͤtte. Dieſer Edelmann naͤmlich kam zu Tetzel und eroͤffnete ihm, daß er einen Feind habe, an dem er ſich zu rächen wuͤnſche, und da er ihm nicht ans Leben wolle, ſondern nur auf andere Weiſe etwas zuzufuͤgen ſuche, woran er eine Zeitlang denken konne, fo bitte er ihn um einen Ablaßbrief wegen dieſer Suͤnde, damit ihn ſpaͤter Niemand deshalb anklagen oder ſtrafen duͤrfe. Er erbot ſich, 10 Dukaten dafuͤr zu geben, und Tetzel zoͤgerte auch nur fo lange, bis er die Summe auf 30 Dukaten geſteigert hatte. Darauf lauerte der Edelmann Tetzeln in dem Walde zwiſchen Trebbin und Juͤterbock auf, nahm ihm ſein Geld ab, pruͤgelte ihn durch, und zeigte ihm endlich auf ſeine Drohung, daß dieſe That, durch die er ſich an der Heiligkeit des Papſtes und feines Geſandten vergreife, nie würde zu buͤßen ſein, den von ihm ſelbſt ausgeſtellten Ablaßbrief.
Tetzels eigentliches Standquartier war Juͤterbock, an der
*) Leutingeri opera, Tom. I. p. 32.