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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
Seite
112
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Grenze von Sachſen, vier Meilen von Wittenberg, wo er eine eigene Wohnung hatte, ſein zuſammengebrachtes Geld niederlegte, und wohin er von ſeinen Reiſen in die Umgegend ſtets wieder zuruͤckkehrte. Hierher kamen unter andern auch viele Einwohner von Wittenberg, welche ſich Ablaßbriefe kauften und dann nicht nur den Kirchenbeſuch vernachlaͤſſigten, ſondern auch jede Reue und Buße verweigerten, die ihnen ihre Beichtvaͤter zur Pflicht machten. Als Solche auch vor Luther kamen, die auf ihren Ablaß ſich ſtuͤtzend, von ihm Abſolution verlangten, ohne Buße thun und ohne von den offenbarſten Suͤnden und Laſtern laſ ſen zu wollen, trat er dagegen tadelnd auf. Anfaͤnglich ſprach er in feinen Predigten Uber das Ablaßweſen noch ſehr milde, und meinte nur, es ſei beſſer, dem Armen ein Almoſen zu rei chen, als fuͤr ſo ungewiſſe Ablaßgnade das Geld nach Rom zu ſchicken. Bald aber, als jene Leute ſich mehrten, wurde er ſtren­ger, und berief ſich auf Chriſti Ausſpruch Luc. 13, 3.: wenn ihr euch nicht beſſert, werdet ihr alle umkommen). Als dies Tetzel vernahm, wurde er ſehr zornig, und ließ mehrmals in der Woche auf dem Markte zu Juͤterbock ein Feuer anzuͤnden, um dadurch Luthern und andern Gegnern Furcht einzujagen und anzudeuten, daß er als Ketzermeiſter befugt ſei, diejenigen zu verbrennen, welche wider den Papſt und ſeinen allerheiligſten Ablaß waͤren. Luther aber, der ſich von einem innern göttlichen Feuer begeiſtert und auf ſeiner Lebensbahn fortgetrieben fuͤhlte, ließ ſich durch Tetzels Flammen nicht ſchrecken, ſondern dachte vielmehr um ſo ernſtlicher über das verkehrte Treiben des Ablaßweſens nach. In ſeiner beruͤhmt gewordenen Predigt vom Ablaß und von der Gnade heißt es: Es iſt ein großer Irrthum, wenn Jemand meint, er wolle Gott für feine Sünden genug thun: denn Gott verzeiht fie ſtets umſonſt aus unſchäͤtzbarer Gnade und begehrt nichts dafür, als daß man kuͤnftig wohl lebe. Die Chriſtenheit (oder chriſtliche Kirche) fordert wohl etwas, und das kann fie auch nachlaſſen. Der Ablaß wird wegen der faulen und unvoll

*) Nach dem lateiniſchen Terte, den Luther vor ſich hatte, heißt die Stelle: wenn ihr nicht Reue empfinden, nicht Buße thun werdet, nisi Poe­

nitentiam habueritis.