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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
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Kirchſprengel Wittenberg gehörte, geſchrieben. Dieſer, ein ſehr ge lehrter und aufgeklärter Mann, der Freund und geheime Rath des Kurfuͤrſten Joachim, mißbilligte zwar die Ausſchweifungen Tetzels und bewog den Kurfuͤrſten zu dem Befehle, daß keiner ſeiner Hofleute Ablaß kaufen ſollte, war aber doch nicht in dem Grade von der Verwerflichkeit des ganzen Unternehmens überzeugt, daß er ſich geradezu gegen den Ablaßverkauf, der dem Bruder ſeines Herrn ſo große Summen eintrug, haͤtte erklaͤren ſollen. Er ſchickte daher den Abt des Kloſters Lehnin zu Luther nach Wit tenberg, woruͤber dieſer ſehr erſtaunt war und in ſeiner Demuth an feinen Freund, den kurſaͤchſiſchen Hofprediger Spalatin ſchrieb: Es iſt geſtern der Herr Abt von Lehnin im Namen des Hoch wuͤrdigen Herrn Biſchofs von Brandenburg bei mir geweſen, hat mir ein Schreiben deſſelben uͤberbracht und gemeldet, der Herr Biſchof ſaͤhe es gern, daß ich den Druck meiner Beweis gruͤnde und anderer etwa noch verfaßter Schriften zuruͤckhielte. Er wuͤnſchte auch, daß die deutſche Predigt vom Ablaß nicht gedruckt wäre und möchte ich fie nicht weiter verkaufen und aus breiten laſſen. Ich aber war ganz beſchaͤmt, daß ein ſo großer Bi ſchof einen ſo großen Abt ſo herablaſſend blos dieſer Sache we: gen zu mir ſchickte, und ſagte: ich ſei es wohl zufrieden und wolle lieber gehorchen, als Wunder thun, wenn ich es auch konnte, und dergleichen mehr, was meine Ergebenheit bezeugen moͤchte, denn er aͤußerte, er ſaͤhe wohl keinen Irrthum darin, ſondern finde alles rechtglaͤubig, tadle auch ſelbſt die allzu unbedaͤchtige, wie er es nannte, Verkuͤndigung des Ablaſſes, halte aber dafuͤr, daß man um des Aergerniſſes willen etwas ſchweigen und inne halten muͤſſe. Er ließ auch wirklich die Beweisgruͤnde ſeiner Streitſaͤtze nicht drucken, um ſich feinem Vorgeſetzten gehorſam zu zeigen, und abzuwarten, ob etwa höherem Orts eine Vermitt lung eintraͤte. Allein da ſich jene Sätze mit ſo unglaublicher Schnelligkeit durch ganz Deutſchland, und ſelbſt durch ganz Eu­ropa verbreiteten, daß mehrere Hiſtoriker ſchreiben, es ſcheine, daß die Engel ſelbſt als Boten gelaufen waͤren und ſie verbrei

auf Gramſchütz, einem Dorfe in Schleſien, eine Meile von Glogau, Lenz brandenb. Stiftsh. S. 58.