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habe, hingeworfen zu deinen Fuͤßen. Belebe, toͤdte mich, billige, verwirf, wie es dir gefällt, Immer werde ich deine Stimme fuͤr die Stimme des in dir wohnenden und durch dich redenden Chriſtus erkennen.“
Tetzel, durch Luthers Angriff gereizt, ging nach Frankfurt a. d. O. und gewann hier leicht die theologiſchen Lehrer für feine Sache. Conrad Wimpina, der angeſehenſte derſelben, Guͤnſtling des Kurfuͤrſten Joachim J. und des Erzbiſchofs Albrecht von Mainz, voll Neid und Eiferſucht gegen die Wittenberger Pro— feſſoren nahm ſich Tetzels vorzugsweiſe an. Ganz noch der ſcho— laſtiſchen Theologie ergeben, verfertigte er für Tetzel eine große Anzahl von Streitſaͤtzen, nach Art der 95 von Luther angeſchla genen Theſen und beſtimmte einen Tag(20. Jan. 1518), an welchem uͤber dieſe Saͤtze oͤffentlich disputirt werden ſollte. Ihr Inhalt war denen Luthers durchaus entgegen, und ſollte dieſen eben zur Nachgiebigkeit und zur Anerkennung ſeines Irrthums noͤthigen. Man hatte ſich dabei des Kunſtgriffes bedient, die Meinungen Luthers ſo darzuſtellen, als ob derſelbe nicht gegen den Mißbrauch des Ablaſſes, ſondern gegen den Ablaß ſelbſt, und ſomit auch gegen die paͤpſtliche Autorität, auf welche ſich die Ablaßertheilung gründete, aufgetreten wäre. Dies war aber Luthers Anficht noch keinesweges, und er wurde zum Theil erſt durch dieſe von ſeinen Feinden ihm faͤlſchlich angedichteten Mei: nungen zu deren Annahme gefuͤhrt. In der Titelſchrift dieſer Saͤtze heißt es: Damit die Wahrheit offenbar, der Irrthum unterdruͤckt, und ſo dasjenige, was wider die anerkannte Wahr— heit vorgebracht iſt, widerlegt werde, ſo will der Bruder des Predigerordens Johann Tetzel, der heiligen Schrift Baccalaureus und Ketzermeiſter, Gott zu Lob, zur Vertheidigung des katholiſchen Glaubens und dem heiligen apoſtoliſchen Stuhle zur Ehre, die nachfolgenden Streitſaͤtze vertheidigen, und wider Luther be— haupten, daß Ablaß erhalten werden konne. Auf den erſten Blick— ſagt er weiter— wird erkannt werden, wer fuͤr einen
*) Er hatte früher einmal über die Zahl der Ehemänner der Groß mutter Chriſti, der heiligen Anna, einen gelehrten Streit mit großem Eifer geführt.