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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
Seite
118
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Den jungen Kniepſtrov entfernte man nach dem Kloſter Pyritz in Pommern, damit er feine aufgeklaͤrte für ketzeriſch geachtete Meinung nicht weiter verbreiten, und vor allem dem Anſehen Tetzels nicht ferner ſchaden möchte. Er blieb indeß für das neue Licht des Evangeliums gewonnen, folgte in ſeiner Zuruͤckgezogen­heit Luthern ſchrittweiſe in ſeiner fortgehenden Erkenntniß des Chriſtenthums, bekehrte ſeine Kloſtergenoſſen, lehrte und wirkte ſpaͤter als Profeſſor der Theologie zu Greifswalde und dann als erſter evangeliſcher Prediger zu Stralſund und Generalſuperin­tendent in Pommern ſehr ſegensreich. Luther blieb ſeinen durch Gottes Erleuchtung gewonnenen Anſichten jetzt fo treu, wie ſpaͤ ter vor Kaiſer und Reich, und in Bezug auf Tetzels Anklage, daß er ein Ketzer, Abtruͤnniger und Frevler ſei, ſagte er blos: Gott gebe mir und dir ſeine Gnade. Die Streitſaͤtze Tetzels aber, welche derſelbe in großer Anzahl nach Wittenberg hatte bringen laſſen, wurden zu feinem großen Schimpfe von den Stu: denten, jedoch ohne Luthers und der Univerſitaͤtslehrer Vorwiſſen oͤffentlich daſelbſt verbrannt. Mit dem Ehrentage in Frankfurt endigte Tetzels Einfluß und Wirkſamkeit, er zog ſich bald darauf nach Leipzig zuruͤck. Der paͤpſtliche Nuntius, Carl von Miltitz, der zur Unterdruͤckung des fuͤr die Kirche bedrohlichen Ablaßſtrei­tes 1518 in Sachſen erſchien, ſprach ſich hier ſehr hart gegen ihn aus, und wuͤrde ihn ohne weiteres ſeines Amtes entſetzt ha­ben, wenn er es nicht aus Ruͤckſicht fuͤr den Erzbiſchof Albrecht von Mainz haͤtte unterlaſſen muͤſſen. Kurz nachher beſchloß Tetzel in Furcht und Angſt wegen der Verantwortlichkeit, die er ſich ſeiner ſchamloſen Behauptungen und des Aergerniſſes hal ber, das er gegeben, von den Kirchenobern zuzog, im Kloſter zu Leipzig ſein Leben.

Waͤhrend ſo die Frankfurter Theologen erfolglos gegen Lu ther ſich abmuͤhten, und das Schickſal Tetzels dieſe traurige Wendung nahm, ſchritt die Sache Luthers und der Reformation ruhig und unaufhaltſam auf ihrem großartigen Gange fort; aus dem Streite gegen den Ablaßkraͤmer Tetzel wurde bald ein Kampf gegen den Papſt und die ganze roͤmiſche Kirche. So umfang reiche Wirkungen waren zwar von Luther weder vorausgeſehen,

noch bezweckt; er ſelbſt, als er den Funken in die empfaͤngliche