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wendigen Glauben. Der Papſt Leo X. und ſein Hof beobachtete anfangs wenig die Streitigkeit der deutſchen Mönche: Luthers Verfahren ſcheint zwar keck, doch ohne bleibende Wirkung; bald aber tritt die Gefahr drohend hervor: Luther wird nach Rom citirt, aber er leiſtet nicht Folge: man verſucht durch guͤtliche Un— terhandlungen, dann durch Strenge die ausbrechende Flamme zu erſticken: alles vergebens, denn die Gefahr nimmt nur zu: eine Bannbulle, welche den unberufenen Reformator endlich vernich ten ſoll, wird von dieſem mit den Buͤchern des canoniſchen Rechts, den Grundpfeiler des Papſtthums, Öffentlich zu Wit tenberg verbrannt. Die Waffen der paͤpſtlichen Macht ſind nun erfolglos verbraucht, es bleibt ihr nichts übrig als die Huͤlfe des Kaiſers und Reiches in Anſpruch zu nehmen. Luther wird vor die Reichs verſammlung nach Worms citirt, unerſchrocken erſcheint er, behauptet hier vor ganz Deutſchland glaubensmuthig die Wahrheit ſeiner Lehre und hat ſo den Hoͤhepunkt ſeines Glan— zes erreicht.
So hell aber auch das neue Licht des Evangeliums von Wittenberg aus uͤber Deutſchland leuchtete, und ſo guͤnſtig auch nun ein großer Theil der Zeitgenoſſen fuͤr Luther und ſeine Sache geſinnt war, fo eifrig und energiſch widerſtrebte dem Reformator und ſeinen neuen Lehren der Kurfuͤrſt Joachim J. und der Biſchof Hieronymus von Brandenburg. Anfangs zwar dachten beide mild gegen Luther: Hieronymus begnuͤgte ſich nicht damit, mehrmals an ihn zu ſchreiben und den Abt von Lehnin an ihn zu ſchicken, er reiſte ſogar ſelbſt nach Wittenberg und beſprach ſich mit ihm auf die freundſchaftlichſte Weiſe; eben ſo wenig war der Kurfuͤrſt Joachim anfaͤnglich gegen ihn eingenommen, und ſelbſt deſſen Bruder, der Erzbiſchof Albrecht von Mainz ließ Luthers Schreiben an ihn nur unbeantwortet, welches Stillſchweigen zwar von Gleichguͤltigkeit oder Verachtung zeugen kann, das aber wahr; ſcheinlich auch den Gedanken zum Beweggrunde hatte, das Lu— ther wohl Recht habe oder Recht haben konne, aber doch ein zu unbedeutender Menſch ſei, um ſeinethalben große Unterſuchungen anzuſtellen, oder gar das Ablaßgeſchaͤft aufzugeben, auf def fen. Gewinn man mit fo viel Zuverficht gerechnet hatte. Auch als Albrecht 1521 in Halle das Ablaßkreuz wieder aufrichten