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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
Seite
123
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ringen geſtrebt hat, der endlich glaubt, fie errungen zu haben, und der dann das errungene Kleinod nicht aufgeben will, da man ihm ſagt, daß es nicht Wahrheit ſei, was er beſitze, ſondern Irrthum. Joachim J. wird immer eine erhabene und edle Er ſcheinung bleiben in der Geſchichte, und es waͤre zu wuͤnſchen, daß nur jeder zu allen Zeiten ſich ſo entſchieden und feſt fuͤr feine Meinung ausſprechen möchte, wie er. Wird für den Au genblick dann auch die Wahrheit zuruͤckgedraͤngt, ſo wird ſie doch ebenſo durch den erregten Gegenſatz bald nachher mit verdoppel­ter Gewalt ſich Bahn brechen und ſchneller zu dem Ziele allge meiner Anerkennung und Geltung gelangen, als es auf dem Wege der Indifferenz, der Lauigkeit und der Schwaͤche geſchehen kann. Geringere Beweggruͤnde aber, welche das Urtheil des Kurfuͤrſten zum Nachtheile des von Wittenberg ausgehenden neuen Glaubenslichtes beſtachen, waren feine Liebe für feinen Bruder Albrecht von Mainz, der vor allen uͤbrigen Biſchoͤfen durch die Behauptungen des Reformators in Schaden gerieth, und vor der Welt proſtituirt wurde, und ſeine Zuneigung zu der von ihm geſtifteten Frankfurter Hochſchule, die ſich der von Wittenberg ausgehenden Religionsverbeſſerung entſchieden wider ſetzte. Wenn man alle dieſe Gruͤnde betrachtet, ſo wird man Joachims J. ganze Handlungsweiſe in der Reformationsangele­genheit milder zu beurtheilen geneigt werden, und zugeſtehen muͤſſen, daß er mit viel groͤßerem Edelmuthe verfuhr, als viele andere katholiſche Fuͤrſten und beſonders als der Herzog Georg von Sachſen. Wie ſehr fein hoͤherer Standpunkt aber auch an; erkannt wurde, dafuͤr zeugt die hohe Achtung, deren er unter den Anhängern jener Parthei genoß, und das gemaͤßigte Urtheil, das der ſonſt ſtrenge Luther ohne Ausnahme uͤber ihn faͤllte. Obwohl mit dem Kurfuͤrſten aufs aͤußerſte zerfallen, wußte Lu ther denſelben doch ſehr wohl von ſeinen uͤbrigen Feinden zu un terſcheiden und erklaͤrte,daß man fuͤr Joachim J. noch beten duͤrfe, während er in Bezug auf einige andere katholiſche Fuͤr­ſten Gott oͤffentlich angerufen hatte,daß er die Bluthunde zur Hoͤlle ſtuͤren möge). Es läßt ſich ſogar aus vielen Aeuße

*) Helwing, Geſchichte des brandenburgiſchen Staats, 2. Abth. p. 605.