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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
Seite
132
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Zunaͤchſt fand das gereinigte Evangelium in der Familie des Kur fuͤrſten Joachim ſelbſt Aufnahme. Dieſer war 1502 zu Stendal, weil in der damals ſchon gewöhnlichen Reſidenz Berlin die Peſt herrſchte, mit Eliſabeth, der Tochter des Königs Johann von Daͤnemark, durch den Erzbiſchof Ernſt von Magdeburg ehlich verbunden worden. Sie gebar ihm zwei Soͤhne und drei Toͤch­ter, und lebte mit ihm lange in ziemlich gluͤcklicher Ehe und wahrſcheinlich wuͤrde wenigſtens die äußere Eintracht nicht ge­truͤbt worden ſein, wenn nicht die religiöſen Spaltungen eine Disharmonie zwiſchen dem Kurfuͤrſten und ſeiner Gemahlin er- zeugt Hätten, Eliſabeth war nämlich ſehr bald durch ihren Bru der, den König Chriſtian Il. von Dänemark, der ſich eine Zeit lang in Berlin aufhielt, fuͤr Luthers Lehre gewonnen worden und ſuchte mit ſtiller Hand den Saamen dieſer Lehre in ihrer Umgebung auszuſtreuen und beſonders den jungen Gemuͤthern ihrer Kinder einzupflanzen. Ihr Gemahl beargwohnte fie des­halb, und wenn ſchon vorher eine gewiſſe Spannung zwiſchen dem fuͤrſtlichen Ehepaare Statt gehabt hatte, ſo ſteigerte die Verſchiedenheit der Religionsanſichten dieſelbe bald bis zu einer oͤffentlichen Trennung. Ereigniſſe, die an ſich ſehr unbedeutend ſind, werden in der Zeit der Aufregung und der Erhebung des Geiſtes uͤber die gewoͤhnliche Sphaͤre des geſellſchaftlichen und haͤuslichen Lebens zu einflußreichen Begebenheiten. Hierzu ge­hören Vorfaͤlle wie folgende: Joachim, dem Studium der Aſtrologie ergeben, hatte gewohnlich Männer um ſich, die ſich mit Sterndeuterei, Nativitaͤtsſtellen, Wahrſagereien und derglei­chen beſchaͤftigten. Einer dieſer Sterndeuter verkuͤndigte ihm, daß am 15. Juli 1525 ein heftiges Gewitter über Berlin und Coͤln ausbrechen wuͤrde, das dieſen vereinigten Staͤdten leicht zum völligen Untergange gereichen konnte. Joachim, der dieſem Ausſpruche Glauben beimaß, begab ſich am Morgen dieſes Ta- ges ſammt ſeiner Familie und ſeinem ganzen Hofſtaate nach dem Berge bei Tempelhof, und verweilte dort in Erwartung und Furcht den ganzen Tag. Da aber bis gegen Abend die drohenden Vorzeichen des Gewitters ſich nicht wahrnehmen ließen, ſo kehrte er auf die Bitten und Vorſtellungen ſeiner Gemahlin, daß es beſſer ſei, ſich auf Gottes Schutz zu verlaſſen, und bei ihren