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Gewaltthaͤtigkeiten erlaubt(1528). Der Kurfuͤrſt, uber dieſe Störung des Landfriedens aufgebracht, wollte Minkwitz und ſeine Verbuͤndeten mit Heeresmacht uͤberziehen; allein er ließ ſein Heer, das er bereits bei Berlin verſammelt hatte, wieder auseinander gehen und begnadigte die Empoͤrer. Zu dieſer un gewöhnlich milden Handlungsweiſe veranlaßten den Kurfuͤrſten, der in aͤhnlichen Faͤllen fruͤher mit der furchtbarſten Strenge verfahren war, vermuthlich die ſchon allgemein verbreiteten ab geneigten Geſinnungen ſeiner Unterthanen gegen die Biſchoͤfe. Daß die Religionsmeinungen auf dieſes Ereigniß influirt haben, ſehen wir beſtimmt aus einem Briefe Luthers vom 20. Juli 1528, in welchem derſelbe es beklagt, daß ſolche Dinge vorfallen und dem Evangelium neuen und ſchweren Haß zuziehen Y). Auch aus dem Eifer und Haß der Prieſter gegen die neuen Lehrmeinungen, ſo wie aus den Klagen uͤber den Verfall der alten Kirche und aus den Warnungen vor den neuen Ketzereien beweiſet ſich die Ausbreitung der Anſichten und Lehren Luthers unter dem maͤrkiſchen Volke. Ein Geiſtlicher in Friedberg in der Neumark behauptete, daß eine damals in unſerm Vaterlande graſſirende anſteckende Seuche, der engliſche Schweiß genannt, von Gott nur als eine Strafe fuͤr den Abfall von der heiligen roöͤmiſch⸗katholiſchen Kirche angewendet werde, und daß diejeni— gen, welche den lutheriſchen Ketzereien nicht anhingen, ſondern dem alten Glauben treu blieben, auch von der Seuche nicht wuͤrden ergriffen werden: ſie werde dann allein auf die Ketzer fallen. Er forderte mit ſolchen Worten ſeine Gemeinde zum folgenden Morgen zu einer großen Prozeſſion auf, um mit den paͤpſtlichen Litaneien die Heiligen anzurufen, daß ſie wieder fuͤr ſie bitten und zufrieden fein. möchten. Der Geiſtliche ſtarb aber waͤhrend der Nacht eines ploͤtzlichen Todes, vielleicht eben an jeuer Seuche*).
*) Luthers Briefe, geſammelt von de Wette, Th. 3. S. 361. quod Evangelion nova et magna gravat invidia. Ausführlicher und ge nauer als ſonſt irgendwo iſt dieſes Ereigniß erzählt in der Geſchichte des ehemaligen Bisthums Lebus von Wohlbrück, Berlin 1829,
h. 2. S. 272.
**) Dieſes Uebel, das nach ſeinen vorherrſchenden Symptomen die
Schweißkran heit genannt wurde, war im Jahre 1485 in London ſo ver