— 139—
Daß namentlich auch die Einwohner von Berlin und Coͤln an dem faſt mehr als juͤdiſchen Ceremoniendienſt der roͤmiſchen Kirche ſchon lange keinen Gefallen mehr fanden, lehrt eine Ver— ordnung Joachims J. an den Magiſtrat dieſer Staͤdte vom Jahre 1522, worin er befiehlt, daß die Feier des Frohnleichnamsfeſtes mit allen von Alters her gebraͤuchlichen Formen auch ferner ge— halten werden, und daß beſonders die angeſehenen Buͤrger ihre Töchter der Prozeſſion dieſes Tages ſollten beiwohnen laſſen, wie fie neuerdings zu thun aufgehört Hätten). Eben fo zeugt fuͤr den Verfall der kirchlichen Einrichtungen der Beſchluß des Raths zu Berlin(am Tage der Empfaͤngniß Mariaͤ 1529), die durch den Tod des letzten Beſitzers des Lehns Trium Regum bei der St. Nicolaikirche erledigten Einkuͤnfte deſſelben ganzlich einzuziehen und zur Beſoldung des Organiſten zu verwenden, da ſich der kirchliche Gottesdienſt durch„mancherlei Abbruch“ ſehr „verringert“ habe. Dieſe Maaßregel genehmigte der Biſchof von Brandenburg, wobei derſelbe gleichfalls die gaͤnzliche Verachtung der kirchlichen Ceremonien beklagt 5).
Vor Allem aber iſt jetzt ein Mann zu erwaͤhnen, der ſchon damals, aber beſonders nach dem Tode Joachims J. die wichtigſte Rolle bei der Einfuͤhrung der Reformation in Berlin und der Mark uͤberhaupt ſpielte, Matthias von Jagow. Er war aus einem alten, beruͤhmten maͤrkiſchen Geſchlechte, Doktor beider Rechte, Domprobſt in Spandau, und wurde 1526 nach dem Tode Dietrichs von Hardenberg, des Nachfolgers von Hieronymus Scultetus, zum Biſchof von Brandenburg erwaͤhlt. Wie Hieronymus in ſpaͤterer Zeit ein ſcharfer Widerſacher Luthers, ſo war es auch Dietrich von Hardenberg geweſen, und ſo waren und blieben es auch die beiden andern maͤrkiſchen Biſchoͤfe von Havelberg und Lebus. Wie wenig die an der alten Kirche han— genden Biſchoͤfe ſich durch die rund um fie her vorgehenden Be gebenheiten in Furcht ſetzen ließen, und nach wie vor den Suͤn— denerlaß für Geld als eintraͤgliche Finanzoperation betrachteten, lehrt ein Ausſchreiben jenes Dietrich von Hardenberg vom Jahre
*) Küſters altes und neues Berlin J. 232. **) Fidiein, Geſchichte der Stadt Berlin, 3. 406.