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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
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Wittenberg Luthern geſehen und gehört hatten, in den meiſten Familien ſchon verbreitet war, zum erſten evangeliſchen Pfarrer von Zuͤllichau angeſtellt, verheirathete ſich und blieb hier als Pfarrer bis zu ſeinem Tode(1513) in ungeſtoͤrter Wirkſamkeit. Das Widerſtreben Einzelner, z. B. des Buͤrgermeiſters Grimm, des Vaters dieſes erſten evangeliſchen Predigers, der, als ſein aus Wittenberg n e Sohn von der Kanzel herab das lutheriſche LiedNun bitten wir den heiligen Geiſt anſtimmte, mit den WortenNun bitten wir den Teufel zornig aus der Kirche lief, war nur von kurzer Dauer und ohne Erfolg. In Brandenburg machten ſich ſogar 1531 die Mönche heimlich da von) und gaben hierdurch Gelegenheit, andere beſſere Prediger anzuſtellen, was freilich damals eine ſchwierige Aufgabe war, da es an wohlunterrichteten chriſtlichen Geiſtlichen fehlte, und das kleine Wittenberg, an das dieſerhalb unaufhoͤrlich Anforderungen ergingen, nicht fo viele tuͤchtige Theologen ausbilden konnte. Ein gluͤcklicher Umſtand zur Förderung dieſer reformatoriſchen Unternehmungen war die Hinneigung der Söhne Joachims J., des Kurprinzen Joachim und ſeines Bruders Johann zur Lehre Luthers. Sie waren die anerkannten Nachfolger ihres Vaters in der Regierung, und ſo konnte man ja wohl fuͤr den Augen blick des ſchuldigen Gehorſams wegen die alte Form ſo viel als möglich beſtehen laſſen, da durch die Ausſicht in die Zukunft Re ligions- und Gewiſſensfreiheit geſichert erſchien. Mit Unwillen muß daher auch der Aufſtand betrachtet werden, zu dem ſich waͤhrend der Abweſenheit des 5 Kurfuͤrſten in Augsburg und Coͤln die Einwohner von Stendal in der Altmark verleiten ließen. Die Abneigung gegen die Mißbräuche und Irrthuͤmer der paͤpſt lichen Kirche hatte daſelbſt, wie in der ganzen uͤbrigen Mark, lebhaft Platz gegriffen, einige eingewanderte Handwerksgeſellen hatten deutſche Kirchenlieder nach Stendal gebracht und durch haͤufiges Singen derſelben und mancherlei Erzählungen von kirch lichen Neuerungen an andern Orten die Gemuͤther erhitzt, und fo hatte ſich hier ein bedeutender Gaͤhrungsſtoff erzeugt. Hierzu kamen politiſche Beſchwerden, die durch Steuererhöhung veran

*) Schäffers Reformationsgeſchichte von Brandenburg, S. 71.