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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Arbeitszeit und Freizeit 29

Nach Ansicht von Schmidtchen stützen sich Umfragen, wie z.B. die von Noelle-Neumann und Strümpel, auf Fragen zur klassisch-puritanischen Komponente der Arbeitsmoral, die eine sinkende Bedeutung hat und des­halb zu rückläufigen Trendwerten bei der Arbeitszufriedenheit führt. Konsequenterweise ermittelt Schmidtchen inseiner Untersuchung zu­nehmende Werte.?? Für unsere Betrachtung mag es zunächst nicht zufrie­denstellend sein, daß hier an dieser Stelle nicht abschließend geklärt wer­den kann, welcher Trendverlauf der richtigere ist. An der Argumentation von Schmidtchen ist jedoch die Erkenntnis bestechend, daß Wertewandel immer mit einem Austausch von Wertvorstellungen verbunden ist, die sich insbesondere bei erwerbstätigen Menschen auf die sich wandelnden An­forderungen am Arbeitsplatz beziehen. Vielleicht besteht aber hier eine Parallele zu der Feststellung Strümpels,daß die meisten Erwerbstätigen, die mit technischen Veränderungen am Arbeitsplatz konfrontiert sind, diese Änderungen eher wohlwollend beurteilen. Für die meisten ist die Ar­beit interessanter und äußerlich komfortabler(freilich nicht seelisch weni­ger belastend) geworden?4, Insofern muß man wohl zwischen einer allge­meinen Arbeitszufriedenheit und einer spezielleren Arbeitsplatzzufrieden­heit unterscheiden.

b) Mögliche Konsequenzen

Aus diesen Untersuchungsergebnissen folgt, daß viele Arbeiter und Ange­stellte zwar durchaus leistungwillig sind, Leistung aber nicht mehr um je­den Preis erbringen wollen und insofern auf der Suche sind nach einem neuen Gleichgewicht zwischen Arbeitszeit und Privatsphäre. Bei Selbstän­digen und leitenden Angestellten scheint die Leistungsmotivation dagegen eher zugenommen zu haben.Auf den Arbeitsmärkten ging es der Ord­nungspolitik bisher nur immer darum, Teilnahme zu regeln und zu erleich­tern... Es ging bisher nur um Freiheit im Arbeitsmarkt.?* Wichtiger wird jedoch der Wunsch nach Freiheit vom Arbeitsmarkt, der nur mit einer grö­ßeren Zeitsouveränität ermöglicht werden kann. Das bedeutet wiederum, daß Teilzeitarbeit zukünftig mehr sein muß als die Ausnahme, Urlaubszei­ten individuell variieren können und die flexible Altersgrenze auch nach oben flexibel sein müßte, um den graduellen Rückzug aus dem Berufsle­ben noch besser zu ermöglichen. Darüber hinaus müssen für den Füh­rungsnachwuchs neben neuen Weiterbildungsmöglichkeiten auch entspre­

23 Vgl. Schmidtchen, G.: Neue Technik, neue Arbeitsmoral, Köln 1984, S. 60ff. 24 Vgl. Noelle-Neumann, E., Strümpel, B., a.a.O., S. 52. 25 Ebenda, S. 23.