Druckschrift 
Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
Seite
52
Einzelbild herunterladen

52 Arbeitszeitverkürzung und Arbeitsmarkt

auf dem doch sehr heterogenen Arbeitsmarkt ziemlich erschweren. Z.B. ist zu bezweifeln, ob ein drastischer Abbau der Überstunden, die ohnehin zwischen 1970 und 1982 von durchschnitlich 4,5 auf 1,8 Stunden gefallen sind®2, ein wirksames Mittel zur Schaffung von Arbeitsplätzen ist. Denn viele, vor allem kleinere Firmen können es sich finanziell und organisato­risch nicht erlauben, bei einer vielleicht nur zeitweisen Erhöhung der Nachfrage zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen. Erst wenn sich die Be­lebung als dauerhaft erweist, werden die Personalchefs auch wieder neue Mitarbeiter anwerben.

Geht man also von der Annahme aus, daß nur ein Teil der rein rechnerisch durch Arbeitszeitverkürzung je freiwerdenden Arbeitsplätze zu einer Re­duzierung der Arbeitslosenzahl führt, kann von folgenden Entlastungs­wirkungen ausgegangen werden:(vgl. Abb. 18)%®

Immerhin wird deutlich, daß der Erhöhung der Teilzeitquote entscheiden­de Bedeutung für eine wesentliche Entlastung auf dem Arbeitsmarkt zu­kommt, wenn auch auf diesem Wege an eine Beseitigung der Arbeitslosig­keit gar nicht zu denken ist. Mit Hilfe dieses individuell und flexibel einsetz­baren Instrumentariums würde eine größere Wirkung erzielt werden als mit einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit um 2 Stunden und einer Verkür­zung der Lebensarbeitszeit entsprechend den z. Z. geltenden Regelungen.

Bewußt soll an dieser Stelle auf eine nähere Untersuchung der Kosten so­wie eine Bewertung der Vor- und Nachteile der einzelnen Strategien der Arbeitszeitverkürzung verzichtet werden. Dies wird an anderer Stelle noch eingehender geschehen. Deutlich gemacht werden soll vielmehr, daß es mit Hilfe eines Pakets von Maßnahmen zur Reorganisation der Arbeitszeit möglich sein kann, die Lage auf dem Arbeitsmarkt zu entschärfen und vor allem dem einzelnen mehr Selbstbestimmung bei der Einteilung seiner Ar­beitszeit zu gewährleisten. Es wird niemanden ernsthaft verwundern, daß nicht nur die Politik, sondern auch die Tarifparteien sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber haben, welcher Weg der richtige ist. Aber es sollte selbstverständlich sein, daß der Gesetzgeber und die Tarifparteien frei von ideologischen Beschränkungen an pragmatischen Lösungen mitarbeiten, das z. Z. größte und dringlichste sozialökonomische Problem unserer Ge­sellschaft zu entschärfen.

So sehen verschiedene Experten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Be­rufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit und des IFO-Instituts unter

42 Quelle: Statistische Bundesamt. 43 Vgl. Reyher u.a., a.a.O., S. 390.