Arbeitszeitverkürzung und Tarifpolitik
1. Die sofortige Einführung der 35- oder 36-Stunden-Woche würde die Unternehmen zu Neueinstellungen zwingen. Rationalisierungen wären erschwert.
2. Damit keine untragbaren Steigerungen der Lohnkosten entstehen, müßten auch die Entgelte um 10% gesenkt werden. Das würde zu einem Lebensstandard führen, wie er Anfang der 70er Jahre herrschte.
3. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit durch die Einführung der 36-Stunden-Woche müßte zu Beitragssenkungen bei der Arbeitslosenversicherung führen. Hiervon würden Arbeitgeber und Arbeitnehmer entlastet. Da niedrigere Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt fällig würden, könnten auch die Steuern gesenkt werden. Hierdurch würden die Realeinkommen wieder steigen.
Bleiben allerdings zwei wesentliche Unbekannte in diesem schönen Gemälde:
1. Inwieweit sind die Unternehmen verpflichtet, zusätzliche Arbeitskräfte auch tatsächlich einzustellen?
2. Was sind die Grundelemente der staatlichen Wirtschaftspolitik, insbesondere der Strukturpolitik, damit dauerhaft Arbeitsplätze geschaffen und erhalten werden können?
Schließlich löst eine Umverteilung des Vorhandenen noch keine Strukturprobleme.
Die erste Frage berührt die möglichen Stategien der Gewerkschaften hinsichtlich einer wirkungsvollen Durchsetzung von Arbeitszeitverkürzungen. Dabei werden z. B. Betriebsvereinbarungen über den Einsatz von Personalpools bzw. Springern empfohlen*°, um die Einstellung des zusätzlich notwendigen Personals zu regeln. Allerdings wird eingeräumt, daß Fragen des Personalausgleichs oft nur in Einzelfällen„zwischen den Betriebsparteien verhandelbar gemacht wurden. Bei der durch Rationalisierung besonders bedrohten Gruppe der Angestellten im Verwaltungsbereich blieb sie bis auf ganz wenige Ausnahmen bislang sogar völlig ausgeklammert“.5
Die Regelung einer personellen Zuschlagsquote ist allerdings aus Praktikabilitäts- aber auch aus ordnungspolitischen Gründen sehr problematisch. Probleme entstehen im allgemeinen immer in Branchen mit schrumpfendem Absatz. In diesem Fall würde überschüssiges Personal festgehalten, das die Kosten in existenzbedrohender Weise belastete.
55 Vgl. Kohl, H.; Seifert, H.: a.a.O., S. 17. 56 Ebenda, S. 17.