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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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136 Faktische Formen des vorzeitigen Eintritts in den Ruhestand

um den gleitenden Übergang in den Ruhestand zu erleichtern, sollte ab dem 60. Lebensjahr die Möglichkeit bestehen, einer Teilzeitarbeit nachzugehen und dafür eine Teilrente von 50% der dann zustehenden Rente zu erhalten.

So sinnvoll diese Vorschläge auch sind, angesichts leerer Kassen müssen sie äußerst sorgfältig auf ihre Kostenneutralität hin untersucht werden.

Der Ausgleich durch Ersparnisse, die durch versicherungsmathematische Abschläge erzielt werden könnten, tritt erst am Ende der durchschnittli­chen Rentenbezugszeit ein. Hinzu kommt, daß durch den mit der Herab­setzung der Altersgrenze verbundenen Ausfall von Beitragszahlern das Defizit der Rentenversicherung wächst, da alle heutigen Renten, die ja Ohne versicherungsmathematische Abschläge festgesetzt worden sind, im Umlageverfahren künftig von einer kleineren Zahl von Beitragszahlern fi­nanziert werden müßten.

Es ist beim Rentenumlageverfahren prinzipiell gar nicht möglich, bei Vorziehen des Rentenalters ohne gleichzeitige weitere Änderungen lang­dauernde Defizite zu vermeiden, selbst wenn die vorgezogenen Renten ma­thematisch richtig gekürzt werden.!45

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß eine Herabset­zung der Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung sich auch auf die betriebliche Altersversorgung auswirken würde. Nach dem Be­triebsrentengesetz von 1974 sind nämlich einem Arbeitnehmer, der das Al­tersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nimmt, auf sein Verlangen nach Erfüllung der Wartezeit und sonstiger Leistungsvoraussetzungen, Leistungen der be­trieblichen Altersversorgung zu gewähren. Wenn auch der Arbeitgeber wegen der dann längeren Laufzeit der Betriebsrente versicherungsmathe­matische Abschläge vornehmen darf, so kann eine Herabsetzung der Al­tersgrenze trotzdem zu zusätzlichen Belastungen der Unternehmen füh­ren, allerdings immer nur dann, wenn im Rahmen eines sogenannten Ge­samtversorgungssystems die betriebliche Altersversorgung das gesetzliche Altersruhegeld bis zu einer bestimmten Versorgungshöhe ergänzt.

Trotz dieser Probleme gilt die Verkürzung der Lebensarbeitszeit als die be­liebteste Form der Arbeitszeitverkürzung sowohl bei vielen Arbeitneh­mern als auch bei vielen Unternehmen, letzteres insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit des gleitenden Übergangs in den Ruhestand.

145 Kostenillusionen beim flexiblen Rentenalter,Neue Zürcher Zeitung v. 15./16. 2. 1981.