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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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162 Die Vorruhestandsregelung

Ende 1981 schien es jedenfalls so zu sein, daß die Anhänger einer Verkür­zung der Lebensarbeitszeit in den DGB-Gewerkschaften sichtlich an Ein­fluß gewonnen hätten. Mittlerweile haben sich die Gewichte jedoch wieder verschoben. Nachdem ein Gesetz zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand verabschiedet worden war, stimmte die IG Metall erst nach längerem Arbeitskampf 1985 einer Vorruhestandsrege­lung zu, weil die Arbeitgeber gleichzeitig bei der Verkürzung der Wochen­arbeitszeit nachgaben. Mittlerweile propagieren alle Arbeitgeberverbände die Verkürzung der Lebensarbeitszeit, weil sie entsprechend der 0.g. ge­setzlichen Grundlage nur für einen Zeitraum von 5 Jahren gilt und auf einen begrenzten Personenkreis ältere Arbeitnehmer zugeschnitten ist. Davor waren die Arbeitgeberverbände gegen eine Verkürzung der Le­bensarbeitszeit.

Die Arbeitgeberverbände begründeten ihren Widerstand einerseits mit den relativ hohen Personalkosten, nämlich mit mindestens 1% der Brutto­lohn- und Gehaltssumme sowie mit der in den meisten Modellen enthalte­nen Pflicht, für jeden vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmer eine Neu­einstellung vornehmen zu müssen(Wiederbesetzungspflicht), weil sie letztlich auf die Zementierung volkswirtschaftlicher Strukturunterschiede hinauslaufen würden: Strukturanpassungen, wie sie z. B. in der deutschen Stahl- und der deutschen Werftindustrie unbedingt erforderlich sind, wür­den verzögert, wenn nicht sogar verhindert.

2. Tarifrenten-Modelle

Die folgende Darstellung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts des DGB aus dem Jahre 1982 zeigt insbesondere,!4 daß damals in der Industriegewerkschaft Metall eine intensive Diskussion zwischen ver­schiedenen Varianten einer tariflichen Verkürzung der Lebensarbeitszeit im Gange war. Aus ihr geht aber auch hervor, wie stark gerade in der größ­ten demokratischen Einzelgewerkschaft der Welt an der Fiktion des vollen Lohnausgleiches festgehalten wurde. Hier bestand ein wichtiger Unter­schied im Vergleich zu den Modellen der anderen Gewerkschaften, der Bundesanstalt für Arbeit sowie der FDP, CDU und SPD, bei denen zu­mindest von einer gewissen Schmälerung der Entgelte ausgegangen wird (s. Kasten).

174 Tarifbericht Extra 11/82, WSI Düsseldorf, August 1982.