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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Die Vorruhestandsregelung

rifrente beträgt 65% des letzten Brutto-, d.h., ca. 70% des letzten Netto­entgelts. Die Inanspruchnahme der Regelung kann nur freiwillig erfolgen und braucht sich nur auf höchstens 5% der Arbeitnehmer eines Betriebes beziehen.

Die Bundesanstalt für Arbeit gewährt dann den Arbeitgebern Zuschüsse zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen an Arbeitnehmer, wenn ein entsprechender Tarifvertrag oder eine Einzel-Vereinbarung vor­liegt und darüber hinaus die Wiederbesetzung des frei werdenden Arbeits­platzes durch einen Arbeitslosen oder arbeitsuchenden Jugendlichen glaubhaft gemacht worden ist. Nur dann zahlt die Bundesanstalt 35% des Vorruhestandsgeldes auf der Basis von 65% des letzten Monatsgehaltes (ohne Sonderzahlungen). Durch einen Tarifvertrag kann eine Aufstok­kung der Leistungen durch den Arbeitgeber vereinbart werden. Die Lei­stungen der Bundesanstalt bleiben hiervon unberührt.

Das Vorruhestandsgesetz von 1984 ist ein politischer Kompromiß, der in starkem Maße durch die eingeschränkten finanziellen Handlungsmöglich­keiten des Bundes geprägt ist. Obwohl zunächst von vielen Gewerkschaf­ten abgelehnt oder als unzureichend empfunden(von vielen Wirtschafts­verbänden dagegen als zu weitgehend bezeichnet), gab es bereits im Herbst 1984 diverse Tarifverträge mit Vorruhestandsregelungen. Dies gilt z.B. für bayerische Elektrizitätsversorgungsunternehmen(ÖTV), den Rheini­schen Braunkohlenbergbau(IG Bau, Steine, Erden), die Metallindustrie als Bestandteil desLeber-Kompromisses zur flexiblen Verkürzung der Wochenarbeitszeit, die Textilindustrie und in besonders starkem Maße die Nahrungs- und Genußmittelindustrie.!77

4. Anwendungsprobleme

Vorruhestandsregelungen führen zu einem verstärkten Druck auf die Ar­beitnehmer, Altersrenten möglichst irüh zu beantragen, wodurch die Bela­stung der Rentenversicherungsträger steigt. Zweitens führen Vorruhe­standsregelungen zu einer zusätzlichen Belastung der Tarifparteien, die letztlich durch eine Erhöhung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteile zur Arbeitslosenversicherung zu finanzieren sind.

177 WSI-Tarifbericht IV 1984, Düsseldorf, S. 10ff.