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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Die Vorruhestandsregelung

Nur wenn man unterstellt, daß sowohl die faktisch vorhandenen Möglich­keiten des Bezugs einer Altersrente vor dem 63. Lebensjahr nicht mehr möglich wären und darüber hinaus die Arbeitgeber in jedem Falle, in dem sie keine Wiederbesetzung eines durch Vorruhestandsregelung freiwerden­den Arbeitsplatzes vornehmen, die vollen Kosten übernähmen, kann man davon ausgehen, daß für die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung keine zusätzlichen Kosten entstehen.

b) Belastungen für die Tarifvertragsparteien

Dann müßten die Tarifparteien die entsprechenden Mehrkosten überneh­men. Dabei muß man sich vor Augen führen, daß die Kostenbelastung durch Vorruhestandsregelungen nicht zu unterschätzen ist, wie aus folgen­der Überblicksrechnung hervorgeht:!8!

Dies läßt sich leicht nachrechnen. Gegenwärtig sind in der Gesamtwirt­schaft etwa 1 Million Arbeitnehmer zwischen 58 65 Jahren tätig. Unter­stellt man, daß davon die Hälfte eine Tarifrente in Anspruch nehmen wür­de, und weiter, daß diese Personen ein Übergangsgeld i.H. v. 68% des letzten Netto-Verdienstes erhalten, so ergibt sich einschließlich Renten­und Krankenversicherungs-Beiträgen und Lohnsteuer ein Gesamtauf­wand von 13 bis 14 Milliarden DM. Bei 2/3 Inanspruchnahme, und wenn (wie nach IG Chemie und IG Metall) ein Übergangsgeld von gar 75% oder 90% des letzten Netto-Verdienstes gezahlt würde, würde die Summe auf 20 Milliarden anwachsen.(Nur zum Vergleich: Dieser Betrag entspricht etwa dem Volumen der Geldleistungen der Bundesanstalt für Arbeit im vergangenen Jahr). Nach Äußerungen des Arbeitsrings Chemie würden die Kostenbelastungen nach den Vorstellungen der IG Chemie einer fast 4%igen Tariferhöhung entsprechen.

Diese globalen Überlegungen zeigen, daß die potentiellen Kosten von Vor­ruhestandsregelungen recht beträchtlich sind. Die bisherige und die vor­aussehbare Kostenentwicklung für die vorzeitige Pensionierung und den gleitenden Übergang in den Ruhestand nach 8 13 des Manteltarifvertrages in der Zigarettenindustrie stimmen hiermit überein.

Je höher nun aber die Kosten für die Tarifparteien sind, desto niedriger ist ihre Neigung, sich an Vorruhestands-Modellen zu beteiligen. Dabei bedeu­

181 Schukai, M.: Tarifrente löst nicht Arbeitsmarktprobleme, a.a.0.,S. 2570, Wer will darf

gehen, Bericht der FAZ vom 15. 12. 83 über eine Fernsehdiskussion u.a. mit Norbert Blüm, H. Rappe(IG Chemie, Papier, Keramik), E. Zander(Reemtsma), U. Lehr(Uni Bonn).