Praktische Erfahrungen mit Regelungen zur Arbeitszeitverkürzung 171
V. Praktische Erfahrungen mit Regelungen zur Verkürzung der Lebensarbeitszeit
1. Praktische Erfahrungen in der deutschen Zigarettenindustrie!®
Die Zigarettenindustrie in der Bundesrepublik besteht aus 10 Unternehmen mit etwa 15000 Beschäftigten. Die Industrie ist in einem Arbeitgeberverband, dem Arbeitgeberverband der Cigarettenindustrie, organisiert. Dieser Verband hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten im Deutschen Gewerkschaftsbund als Tarifpartner. Seit 1981 besteht ein Manteltarifvertrag, der für alle Unternehmen der Zigarettenindustrie gilt und in dem u.a. auch Fragen der Arbeitszeit geregelt sind.
Die Sonderregelung für ältere Arbeitnehmer betrifft 7 der 10 Zigarettenunternehmen, und zwar solche, die mehr als 100 Arbeitnehmer beschäftigen.
Die Zigarettenindustrie ist eine äußerst kapitalintensive und hochmechanisierte Branche mit allerdings nicht zu unterschätzenden Personalkosten.
In der Mitte der 70er Jahre begannen in der Zigarettenindustrie ernsthafte ökonomische Probleme, die sich bis heute fortgesetzt und sogar in beträchtlichem Umfange verstärkt haben. Diese Probleme sind einmal durch die Diskussion um das Thema„Rauchen und Gesundheit“ sowie die damit in Zusammenhang stehende bekannte Anti-Raucher-Kampagne verursacht worden. Eine zweite Ursache für die Stagnation des Zigarettenmarktes liegt in der vor allem durch fiskalische Maßnahmen bewirkten ständigen Verteuerung des Produkts Zigarette: Nach einer Steuererhöhung von 18% im Jahre 1977 hat eine Steueranhebung von nahezu 40% per 1. 6. 1982 zu deutlichen Absatzrückgängen und drastischen Marktveränderungen geführt. Diese von außen kommenden Markteinflüsse führten schon für sich genommen zu erheblichen Beschäftigungsproblemen, erzwangen Betriebsschließungen und Entlassungen. Die Beschäftigungsproblematik wird aber seit Jahren zunehmend durch die Entwicklung und Einführung hochwirksamer Produktions- und Verpackungsmaschinen verschärft. Wurde Mitte der 70er Jahre noch mit Zigarettenmaschinen gearbeitet, die 2.500 Zigaretten pro Minute produzierten, so stellen die heutigen Maschinen 7.000 bis 8.000 Stück pro Minute her. Die Einführung von Maschinen mit einer Leistungsfähigkeit von 10.000 Zigaretten pro Minute ist nicht mehr weit entfernt.
Auf mittlere und längere Sicht müssen diese Entwicklungen zu einem substantiellen Verlust an Arbeitsplätzen in der Zigarettenindustrie führen.
185 Vgl. S. 146f. d. B.