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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Auflockerung des Kongruenz-Prinzips 203

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In der Bundesrepublik Deutschland würde das Santa-Clara-Modell recht schnell auf schwierige kollektivrechtliche Grenzen stoßen und Gefahr lau­fen, mit einer Geschichte vom Heiligen St. Nikolaus verwechselt zu wer­den. Nehmen wir einmal an, in einer Hauptverwaltung seien wegen drasti­schen Absatzrückganges etwa 20% der Arbeitsplätze in Gefahr. Hier böte es sich fast zwingend an, das zurückgegangene Arbeitsvolumen auf eine entsprechend reduzierte Arbeitszeit(bei entsprechend reduziertem Ent­gelt) umzuverteilen. Die Alternative wäre, mittels einer relativ aufwendi­gen Gemeinkostenwertanalyse die nicht mehr erforderlichen Leistungen festzustellen und die zurealisierenden 20% der Mitarbeiter zu ermitteln, von denen sich das Unternehmen trennen müßte.

Wer sich in Großverwaltungen etwas auskennt,wird zugeben, daß die An­wendung des Prinzips20% weniger Arbeit 20% weniger Entgelt mit wesentlich geringerem Analysenaufwand durchgeführt werden könnte. Natürlich gibt es Bereiche mit stark abweichendem Auslastungsgrad. Inso­fern ist es erforderlich, Engpaßbereiche zu schonen und andere Abteilun­gen stärker zu belasten.

Die kollektive Anwendung des betreffenden Bandbreitenmodelles in Deutschland würde am einfachsten gelingen, wenn die zuständige Ge­werkschaft zu einer tarifvertraglichen Regelung bereit wäre. Eine gleich­lautende Betriebsvereinbarung mit dem zuständigen Betriebsrat könnte hingegen nur auf freiwilliger Basis erfolgen. Die gewünschte Arbeitsplatz­sicherung auf breiter Front wäre dann u. U. nicht durchsetzbar.

Vom Ansatz her sind Bandbreitenmodelle und Jahresarbeitszeitverträge jedoch geeignet, Beschäftigungsschwankungen auszugleichen und dem Bedürfnis von Arbeitnehmern nach reduzierter Arbeitszeit entgegenzu­kommen.

Wegen der Neufestlegung der vertraglichen Arbeitszeit in bestimmten Ab­ständen(z.B. 6 oder 12 Monate) sind sie auch reversibel und berücksichti­gen dabei den Sachverhalt, daß der Wunsch nach reduzierter Arbeitszeit von zeitlich befristeten privaten Überlegungen abhängen kann, die eigent­lich in allen Lebensphasen auftreten können.

Kombination von Bandbreitenmodell und Jahresarbeitszeitvertrag liegt vor, wenn Jahresarbeitszeit nicht nur alleine nach betrieblichen Belangen, sondern auch noch nach individuellen Gesichtspunkten variiert. In diesen Fällen liegt eine individuelle Jahresarbeitszeit vor, die letztlich auf relativ weitgehende Gleitzeit-Systeme mit einer entsprechenden modernen Zeiter­fassung hinausläuft. Praktische Beispiele mit einer derartigenArbeitszeit