Zeitschrift 
Potsdamer Jahresschau
Seite
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ZEIT

fällig aus; Im Antikentempel hätte man fich an Haffifcher Schönheit erholen Können, aber hierzu war die Erlaubnis des Herrn Sigard nötig, und man wollte vermeiden, mit dem ungehobelten Patron noch einmal zufammenzutreffen, So unterbleibt zunächft der Befuch. Um vier Uhr wurde in Potsdam der Reifervagen wieder heftiegen, es ging nach Berlin! Die preußifche Refidenz war mit ihren einfchließlich der Garnifon hundert: undvierzigtaufend Einwohnern die erfte wirkliche Sroßftadt, die Goethe zu fehen bekam, Der allgemeine Eindruck war zunächft überwältigend, alles{chien Pracht, Leben, Über­fluß zu atmen, Dazu Famen die Eindrücke, die man aus den Zurüftungen zum Kriege über die militärifche Schlagkraft Preußens gewinnen Fonnte:Menfchen, Pferde, Wagen, Gefchüße, Zurüftungen, es wimmelt von allem. Porzellanmanufaktur, Opern: haus, Zeughaus, Tiergarten wurden befucht, überall wirkte der großartige Zufchnitt des friderizianifchen Berlin eindringlich auf die Säfte,

Es folgten Nudienzen beim Prinzen Heinrich, der den Herzog beruhigen konnte und die Neutralität Weimars nicht ungünftig aufnahm. Un der prinzlichen Tafel Fonnte Goethe in dem Speifefaal des Prinz-Heinrichs-Palats(jeßt Senatsfaal der Uni: verfität). über den großen KönigDdeffen eigene Sumpenhunde räfonnieren Hören, Er fehrieb an Frau von Stein:So viel Kann ich fagen, je größer die Welt wird, defto garftiger wird die Farce. Dem Kammerheren von Lehndorff erfchien Goethe, der in: folge des bösartigen Tones gegen den König verftimmt war, als Hochmütig, wie man es oft bei emporgekommenen Bürgerlichen finde. Um zwanzigfien Mai abends elf Uhr traf die ganze Neifegefellfchaft wieder in Potsdam ein. Am einundzwanzigften Mai fehen wir Goethe Frühmorgens in feinem Zimmer am Schreibtifch, Er erledigt eifrig Korrefpondenzen nach Weimar, für die der Vormittag beftimmt ift, Ein Brief für Frau von Stein liegt mit dabei, fchon von Berlin aus hat er ihrer gedacht, Wie ein drükender Traum fällt der Berliner Yufenthalt von ihm ab,Ekelhaft war ihn diesDefen der Großen, Mittleren, Kleinen durcheinander gewefen und er Hattedie Götter um Mut und Geradfein bis ans Ende gebeten. FJekt geht ein Nufatmen durch feine Zu­fchrift an Charlotte:Durch einen fhönen Schlaf habe ich meine Seele gereinigt W Die Gedanken fchweifen nach Weimar zu feiner Wohnung im Fürffenhaus, zum Garten: Häuschen an der Ilm, immer wieder zu Der Holden Nachbarin, der er zuleßt im April 1778 mit einer überfandten Hyazinthe zugefungen: Sendet Blume, Gruß und Frieden, der Dich immer treu und beffer, als du glauben magft, geliebt!

3u Mittag trifft Fürft Franz von Deffau imPrinzen von Preußen ein, ein lieber und erwünfchter Gefährte, Der Deffauer, der Schöpz fer von Schloß und Park MWörlig, wird aufs freudigfte begrüßt, Mit ihn, dem großen Sach: mann des FHlaffiziftifchen Bau: und des roman­tifchen Gartenftils foll am Nachmittag der Park