Heft 
(1956) 8
Seite
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ALBERT HOPPE

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Die Erzählung vomDeichwächter der Wische läßt in manchem die Frage aufkommen:Wer war Gysel van Lier? Es sei im Nachstehenden kurz über seine Bedeutung für die Prignitz und insbesondere für die Wische gesprochen.

In Brandenburg war der Aufbauwille nach dem furchtbaren 30jährigen Kriege groß. Der damalige Landesfürst Friedrich Wilhelm, in der Ge­schichte als der Große Kurfürst bezeichnet, suchte zur Wiedergesundung und Erstarkung seines Landes auch Anschluß an den Welthandel. Die Trägerin dieses Überseehandels sollte eine neu zu schaffende Flotte wer­den, deren Heimathafen in Pillau geplant war. Alskolonisatorisch erfahre­nen Fachmann und bewährten Seefahrer holte sich der Kurfürst aus den Niederlanden den Admiral Gysel van Lier. Die zur Finanzierung des Unternehmens erforderliche Million Reichstaler war aber infolge der all­gemeinen Armut nicht aufzutreiben, auch von den Hansestädten nicht, die wohl auch die Konkurrenz witterten, und so mußte der Kurfürst seine weitfliegenden Pläne vorerst begraben. Erst 1680, am Ende seiner Regie­rungszeit, konnte er sie verwirklichen; sein Mithelfer war dann der holländische Reeder Benjamin Raule.

Für seine Bemühungen und Dienste beim Versuch, einen brandenbur- gischen Überseehandel zu entwickeln, erhielt der Admiral Gysel van Lier vom Kurfürsten 1650 die Burg Lenzen als Geschenk. Vielleicht hat es den Holländer zum niederländischen Charakter der Wische besonders hin­gezogen, vielleicht aber auch war der Landesfürst der Meinung, daß dieser tatkräftige Mann hier am segensreichsten wirken könne, denn die Prignitz war im trostlosesten Zustand. Nicht zuletzt hatte die fast zwei Jahrzehnte umkämpfte Werbener Schanze, der stark befestigte strategische Stützpunkt der Schweden an der Havelmündung, viel dazu beigetragen, daß unser Land wüste war.

Gysel van Lier war 1580, nach anderer Lesart 1593, in Geldern (Holland) geboren. Mit 16 Jahren ging er zur See. Er hat sich vor allem in den fernen ostindischen Gewässern getummelt, machte Karriere, wurde Admiral der bei den Malaien stationierten holländischen Kriegsschiffe und dann als

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