WILLI WESTERMANN
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PEI<HWÄ<HTER
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WIKHE
Es war in den Märztagen des Jahres 1888. Stürme jagten über das Larid. Der Regen peitschte über den Elbdeich. Seit Mitte Februar waren auf der Elbe mehrfach Eisstopfungen eingetreten. Mehrere Wootzer Bauern gingen auf dem Elbdeich in Rfchtung Lenzen. Sie zogen auf Deichwache, den Spaten und die Sturmlaterne in der Hand, die Joppenkragen hoch geschlossen, denn der Sturm war am heutigen Abend besonders heftig, der Regen schlug ihnen hart und kalt ins Gesicht. Doch sie lachten, es waren junge, kräftige Männer. Einige der prächtigen Niedersachsenhäuser zeichneten sich im Dunkel der Nacht gespenstisch ab. Der riesige uralte, knorrige Eichbaum auf einem der Höfe ächste schauerlich in dieser stürmischen Nacht. Ein jahrhundertealter, zäher und mächtiger Buchsbaum rauschte am Giebel eines Hauses. Die Wiesen waren weithin überschwemmt. Irgendwo in der Ferne schrie eine Sumpfohreule. Die Eisversetzung hatte das breite Flußbett der Elbe mit Schlamm und Packeis ausgestopft. Das Hochwasser suchte an dem Flußufer und am Deich entlang seinen Abfluß, so daß sich hier eine starke Strömung bildete. Durch den gewaltigen Wasserandrang und den Stoß der Eisschollen war so der Deich sehr gefährdet. Faschinen und Sandsäcke waren schon in den Tagen vorher angefahren. Der ältere der Bauern wurde nachdenklich und meinte: „Wenn dat man dütt Joar goot geit!“ Ein jüngerer jedoch lachte, warf sich leicht in die Brust und gab als Antwort: „Minsch, schiet di man nich in de Büx, uns Diek de holt!“ ■— Keine Antwort, schweigend gingen sie weiter, gegen Sturm und Regen ankämpfend und hin und wieder die Böschung ableuchtend. „Dat man bie dütt Wärer överhaupt rut mütt, keen Hund mach man ut’n Bau joag’n“, brummte da einer. Auch hier gab es keine Antwort. Still ging jeder vor sich hin. Nur die Naturkräfte machten die Unterhaltung. Der Sturm brauste
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