WALTER BRFPTHAl/ER:
DIE SAUTEN PER PRI&NITZ
Vom germanischen Bauernhaus berichtet Tacitus: „Sie kennen keine Bruchsteine und keine Ziegel, sondern zu allem bedienen sie sich ungestalten Bauholzes ohne Schönheit oder freundliches Aussehen.“ Was Tacitus im Auge hat, ist der Urtyp des Blockhauses, ein mächtiger Einraum mit lehmbeschlagener Diele, mit Strohdach und niederen Blockwänden, die allem Unwetter trotzten. Die Rundstämme waren unterseitig ausgekerbt und paßten sich der Rundung des Stammes an. Die Fugen wurden mit Moos abgedichtet. Die Balkenköpfe sprangen als Vorkopfreihen über den Eckverband vor. Erst später verstand es die Zimmermannstechnik, die Balken viereckig zu behauen und sie sorgfältig zu kanten.
Die wertvollen Holzbestandteile konnte man ohne Mühe auf dem Wagen fortschaffen, so zählte das mittelalterliche Haus zur „fahrenden Habe“. Als die Römer an Rhein und Donau Villen, Paläste, Kastelle, Bäder, Brunnen und Wasserleistungen aus Stein aufführten, wurde diese Bauweise von der fränkisch-alemannischen Oberschicht übernommen. Der Bauer aber blieb bei der gewohnten Holzbauweise. Kirchen und Klöster förderten die Steinbautechnik. Deutsche Handwerker entlehnten technische Bezeichnungen, Mauer, Kalk, Ziegel. Aus dem Lehmfleet wurde ein kunstvoller Steinfußboden: plastrum = Pflaster. Aus dem windauga wurde ein sorgfältig umrahmtes Fenster (fenestra), aus der schmalen, niedrigen und in der Mitte quergeteilten Tür die römische porta, welche sich in eisernen Angeln bewegte und nicht mehr an Holzhaspen aufgehängt wurde.
Holz- und Steinbau liefen durch 1 % Jahrtausende nebeneinander her: Der Holzbau den Arbeitsgewohnheiten des Volkes sich anpassend, der Steinbau die Ideen der Oberschicht verkörpernd. Den Auftakt gab der Palastbau Karls des Großen zu Aachen 796—804. Der Steinbau beschwor den ver-
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