Quelle. Ganz dem Volksmunde abgelauscht ist sie, und meist von Menschen aus dem Volke geschrieben. Darum auch findet sie immer wieder Resonanz im Volke und wird stets gern gelesen oder beim Vortrag gehört. Unter unseren Prignitzer Mundartdichtern ist der bedeutendste der Lehrer Hermann Graebke. Er war ein wirklicher Dichter, und in dichterischem Schwung und Fluß brachte er seine Schöpfungen in künstlerische Form und in oft recht köstliche Reime. „Unsere Heimat“ brachte manche Kostprobe von ihm. Seine Gedichtbände “Prignitzer Vogelstimmen“ und „Prignitzer Kamellen“ vor allem sind es, die das Gemüt anrühren oder ein stillvergnügtes Schmunzeln auslösen. Letzteres z. B., wenn er aus der Schulstube berichtet, wie der Lehrer Geier in Preddöhl sich müht, den Schulanfängern das Zuzählen beizubringen und wie er das anschaulich in dieser Form versucht: „Ich lege zwei Eier hin. Und nun lege ich noch zwei Eier dazu.“ Doch da fährt ihm schon eine der Kleinen in die Parade:
„Herr Geier, ick mücht Se wat segg’n:
Se könn’n jo gor keen Eier legg’n!“
Viele andere Prignitzer ritten nach Graebke den plattdeutschen Pegasus. Zu denjenigen, die das mit guter .Begabung und recht ungekünstelt taten, gehören vor allem der Landarbeiter Ludwig Lehmberg aus Tacken und der Bauer Carl Fürböter aus Steffenshagen. Aus ihren Dichtungen .ist bei ersterem ein Bändchen Verse und bei letzterem das Bühnenstück vom „Surnknieper“ zu erwähnen. Heute erfreut uns mit mundartlichen Dichtungen vor allem der Eisenbahner Stadtkus aus Rehfeld.
Nicht nur Schnurren und heitere Episoden sind es, die bei unseren Heimatdichtern im Platt widerklingen, sondern auch manch inniges Gefühl und manch besinnlicher Gedanke kommen zur Gestaltung. Das Plattdeutsche meistert alle Lebenslagen. Humorvolles und Ernstes lassen sich in ihm sagen. Es trabt zwar, auch in der Dichtung, nicht so hochkultiviert und gelehrt daher wie die hochdeutsche Schwester, dafür aber bleibt es urwüchsiger und erdgebundener. Es verzerrt und verkrampft sich nicht in Unnatürlichkeit, wie es uns neuere Poesie oft beschert, sondex'n es bleibt auch in der Dichtung ganz in der ihm eigenen Schlichtheit und Natürlichkeit. Es ist nicht immer glatt und geschmeidig und schon gar nicht voll „Eleganz“, eher ist es rauh und etwas poltrig, aber es kann ohne Stachel und Spitze wahr und offen sein. Und immer ist es bieder, gediegen und bekömmlich wie hausbacken Brot. Es löst leichter ein Leuchten und Schmunzeln aus und läßt die Verbundenheit von Mensch zu Mensch geradliniger, wärmer und herzlicher sein.
Der Reichtum unseres Prignitzer Platt wird aber nicht nur in der Dichtung offenbart, auf jedem Gebiet des täglichen Lebens begegnen wir ihm. Er begleitet den Menschen gleichsam von der Wiege bis zur Bahre. Suchen wir ein paar Kostproben heraus. Könnte der Neugeborene lesen, würde
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