Heft 
(1914) 2
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Schritte zurück u. begegneten da einem athemlosen Adjudanten, der vergessen hatte, uns die Ordre zum Rückzug zu bringen. Obgleich wir jetzt mehr aus der Gefahr waren, so war mir die ganze Sache doch sehr fatal, weil ich gewiß glaubte, die Franzosen hätten uns irgendwo überflügelt u. wir würden uns ganz zurückziehen müssen. Mit einmal aber hieß es Vorwärts Marsch, wir gingen vor, die Infanterie gab ein superbes Bataillonsfeuer u. nun schoben die Franzosen auch ohne Aufenthalt rückwärts, es ward allmählig dunkel, das Schießen hörte auf und wir bivonacquirten die Nacht auf dem eroberten Schlacht­felds. Es war mein erstes Gefecht, mein erstes Bivouacq u. beides an deinem Geburtstage, u. denke dir, als wir uns zum bivouacquiren zusammenzogen, kam Rudolfs Station gerade dicht bei unserer zu stehen, so daß wir immer zusammen waren. Rudolf war auch tüchtig im Feuer gewesen, ihm war so wie mir eine Kanonenkugel dicht vor dem Pferde liegen geblieben. Wie wir diese Nacht an Euch gedacht haben, kannst Du Dir denken. Zu leben gab es übrigens wenig u. hätte ich nicht glücklicherweise noch etwas mitgehabt, so hätten Rudolf u. ich gehungert. Auch eine Bouteille Wein ergatterte ich noch, mußte sie aber ungeheuer bezahlen. Wie lieb es mir jetzt war, daß ich nicht mehr beim Stabe war, kannst Du Dir denken, da Treskow u. alle, die bei ihm gewesen waren, also auch Carl Dohna u. Carl Kanitz, gar nicht am Gefecht teilgenommen hatten. Die Fr. zogen sich in der Nacht noch bis Magdeburg zurück u. am anderen Morgen fanden wir leere Nester; bloß unsere Avantgarde hatte noch ein kleines Gefecht. Die Affäre ist übrigens sehr glänzend für uns, 2 Cavallerie Regimenter sind total in die Pfanne gehauen, eins von den Kosacken, u. eins von dem ehemalig mobilen Teil unseres Regiments unter Bülow. Der franz. Verlust wird auf 3000 M. geschätzt. Das Batt. Crammont u. das erste Inf. Regt, machten 500 Mann auf der Stelle nieder, ohne Pardon zu geben. Von unserem Regt, ist niemand bekanntes geblieben. Treskow läßt Dich bitten, seine Frau wissen zu lassen, daß er gesund ist. Gestern bekamen wir Befehl zum Aufbruch u. marschirten hierher, wo wir uns mit dem anderen Teil unseres Regts. ver­einigt haben u. jetzt ganz von den.Litthaueru getrennt sind. Wir stehen jetzt hier unter Bülow, Rudolf ist auch hier. Daß ich jetzt mit Aug. Kanitz aus­einander bin, thut mir sehr leid. Unsere beiden hiesigen Schwadrons haben übrigens eine sehr glänzende Attaque auf 4 mahl stärkere Cavallerie gemacht.

Jetzt, liebe theure einzige Mutter, muß ich schließen. Bald mehr. Grüße

doch den Vater sehr herzlich so wie die Geschwister.-Grüße doch sehr

alles, was mir lieb ist!

Lebe wohl, bleibe gesund u. gut.

Dein treuer

Hans.

Mein Geburtstagsgeschenk ist die Affäre gegen die Franzosen. Schade, daß es nicht zum Angriff auf Cavallerie kam.

Bühne vor Magdeburg, d. 12. April 13.

Meine liebe, einzig trautste Mutter.

Du wirst meinen Brief vom 8., worin ich dir viel von Berlin u. von unserer glücklichen Affäre gegen die Fr. schrieb, nun auch bald haben. Hätte ich nur bald Nachricht, daß du diesen Brief erhalten hättest. Du glaubst nicht, wie es mich bekümmert, daß du meinetwegen so in Sorge bist.

Du wunderst dich, daß du aus Berlin keine Nachricht von mir hast. Das liegt freilich sehr an mir, etwas wirst du mich aber wohl entschuldigen, wenn ich dir sage, wie ich doch beinahe gar nicht zur Besinnung gekommen bin.