- 44 -
und Asche. Eine Feindeskugel streifte dir den Flügel, daß dein Liederstrom ver- quoll. Und Barbarenhände legen dich ins Grab zum ewigen Frieden, den auch unsere Herzen sehnend hoffen. Glaube — und zum Himmel gehen unsere Blicke, — daß uns nicht des rohen Krieges Selbstzweck an die Ufer dieses Flusses führte, nein, es gilt dem Frieden, unserer Heimat und der ganzen Welt Genesung. Habe Dank, du Nachtigall des Ostens, für die süßen Frühlinglieder; unter Tausendschön, Narzissen, Kaiserkron wölben deutsche Krieger vor der „Sonnenburg" dir jetzt dein Grab!" — (Aus seinen Feldbriefen wird noch mancher in unsere Blätter ausgenommen werden.)
Am 6. Juli wurde von unseren Truppen bei Borzymo ein Gasangriff gegen die Russen unternommen, mit dem Erfolge, daß dadurch der Angriff einer drei- fachen russischen Uebermacht vereitelt wurde, aber widriger Wind trieb das Gas in einen Teil der eigenen Gräben zurück und forderte viele Opfer, unter ihnen Martin Rausch, der am 9. Juli im Lazarett zu Lowitsch der Gasvergiftung erlag. Die pflegende Schwester schreibt von ihm: „Im Delirium war er stets an der Front und kommandierte. Sehr viel machten ihm Liebesgaben zu schaffen, die er gern für seine Kompagnie haben wollte. — Einmal sagte er so mit lachender Miene: „Schwester, ich bin sehr gern Soldat und in zehn Tagen muß ich un- bedingt gesund sein, ich muß zu meinem Zuge zurück, sonst finde ich meine Leute ja nimmer." — Mehrere Soldaten, die hier liegen aus seiner Kompagnie, sagen, er wäre ein guter Vorgesetzter gewesen und bei allen, die unter ihm standen, sehr beliebt."
Bei seinem Tode wurde kund, welchen Einfluß Martin Rausch ausgeübt hatte. Viele Briefe klagten den großen Verlust und versuchten seiner nun einsamen Frau Trost zu spenden — und brachten Trost: Sie alle gaben mehr oder minder Zeugnis von ihm als einer edlen, lebendigen, dem Lichte zugewandten Persönlichkeit, die Leben säete und nun Leben erntet, weil sie in vieler Herzen und Leben weiter lebt. So schreibt ein siebzehnjähriger Kriegsfreiwilliger Fritz Wagner, der todtrotzend kämpfend vor wenigen Wochen gefallen ist, in seinem Beileidsbrief der Witwe: Meine liebe Frau Rausch, ich bin außerstande, Ihnen ein Wort des Trostets zu sagen, ich weiß, was Ihr Gatte Ihnen war . . . . Aber eins kann ich, ich gebe Ihnen die Hand, daß ich treu bleiben will Ihrem Gatten, treu seiner Pflichtauffassung, treu seinem goldig-sonnigen Leben, treu seinen Idealen: den Idealen der Hackenkreuzer. — Frau Rausch, ich weiß hier ein Heldengrab, ein Hünengrab auf einsamer Flur. Ueber dem Steinsarkophag erhebt sich ein ragendes Christkreuz — ringsum grünen die Büsche — der Spätsommerwind weht über dem Stein, lispelt im Heidekornfeld, trägt wundersame Mär übers Feld von Heldentum, und die Glockenblumen nicken und läuten: Frieden, Frieden, ewiger Frieden, Seligkeit. — So denke ich mir ihn auch ruhen den schlichten, großen Herrn Rausch.
Er ist ja nicht tot — der lachende Waldschulmeister mit seiner Zupfgeige -er lebt — lebt — ruft mit freudigem Schein auf dem Antlitz zur Pflichterfüllung bis aufs äußerste. — Noch steht der Feind .... Und nach wie vor: Todtrotzend sei der Kampf!" Ein ehemaliger Klassenbruder rühmt von ihm in seinem Beileidsbrief an die Witwe: „Ich schätzte, ja verehrte ihn wegen seiner treudeutschen, echt nationalen Gesinnung und seiner Liebe zu allem Volkstümlichen, das er überall Pflegte und dem er so beredten Ausdruck zu geben wußte. Nun ist er dem gestorben, wofür er gelebt hat. . . . besonders wir, seine Klassenbrüder, die er jahrelang geführt hat, nehmen aufrichtig teil an dem herben Verlust, den Sie und das deutsche Volk mit seinem Heimgange erlitten haben . . . Sicherlich wäre er ein tüchtiger, wahrhafter Volkserzieher, für uns ein Vorbild geworden. Sein Bild hat sich leuchtend und unauslöschlich in meine Seele eingegraben."
Sein Bild steht vor uns als das Bild eines Mannes, dem das Heilige heilig war, eines Mannes auf dem Wege zum vollwertigen Armanen.
M. von Goddenthow.