Heft 
(1915) 4/5
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er Wanderungen durch die Heimat, klopfte bei den einzelnen in Dorf und Wald­hütte an und entlockte ihnen manches alte Volkslied, das dann heimgebracht und im großen Freundeskreis gesungen, neues Leben gewann. Auch später spürte er eifrig dem alten Volkslied nach. Während seiner Techower Zeit suchte er oft die Eltern seiner Schüler, Bauern und Tagelöhner auf, redete mit ihnen ihr altes, liebes Platt und zeigte Verständnis für Scherz und Kurzweil. Das rief in ihnen manches Vergessene aus Kindheit und Jugend wach, z. B. alte Rätsel, die sie ihm und ihren Kindern mitteilten und die, nun der Vergessenheit entrissen, in unserer Museumszeitschrift erhalten bleiben.

Interesse für das Altertum, die deutsche Vorgeschichte hat er von jeher gehabt. Als Präparand hat er schon eine Ausgrabung in Kietz b. Rhinow unter Leitung seines Onkels, des Lehrers Theodor Rausch unternommen. Von Luhme aus hat er daun fleißig weiter geforscht,gebuddelt" und gesammelt und seine Funde dem Museum in Neuruppin, dessen Leiter er werden sollte, zugewendet. Hier in Luhme lernte er Paul Quente kennen; seitdem wanderte alles nur in unser Heimatmuseum, und manches wertvolle Stück bewahrt seinen Namen ferneren Zeiten. Ins Heimatmuseum führte Martin Rausch gern seine seine einzelnen Klassen; er schätzte es als wichtiges Bildungsmittel für seine Schüler, das ihnen die Heimat in ihrer Tier-, besonders Vogelwelt und den Heimatsboden, der so reiche Schätze der Vergangenheit barg, lieb und wertvoll machen und sie mit Stolz für die Prignitz erfüllen sollte.

Bei Ausbruch des Krieges litt er schwer unter seiner Unabkömmlichkeit als Lehrer. Wie jubelte er auf, als auch ihn das Vaterland rief! Seine lieben Schulkinder konnte er getrosten Herzens verlassen; er wußte sie wohlbehütet in den Händen seines geliebten Weibes, einer jungen Lehrerin Frau Berthe, die er wenige Wochen zuvor heimgeführt hatte und die opferfreudig die Vertretung an der großen Schule übernahm. Martin Rausch bildete nun Rekruten aus, wurde im April 1016 zum Offizierstellvertreter befördert, am 1. Mai an die Ostfront gerufen und der 6. Res.-Div. 3. A.-K. Jnf.-Reg. 12 zugeteilt. Be­geistert zog er dem Kampfe zu, treu der Heimat und der Aufgaben, die sie dem Manne und Lehrer stellt, gedenkend, treu den Idealen, die er in sich trug. So schreibt er seiner Frau von der Front:Mir selbst wünsche ich nichts anderes auf dieser Welt als das Urteil derer, die mich lieben:Er war ein *Armane!" Darnach zu streben, werde ich auch als Kciegsmann nicht vergessen." In welcher Weise er wirkte, erhellt aus einem Beileidsbriefe seines früheren Seminardirektors an die Witwe:Mir ist er noch besonders lieb geworden durch die militärische Ausbildung meines Sohnes Erich, der an ihm die edle reine Gesinnung schätzte, die sich auch auf die ihm Untergebenen übertrug, was beim Militär nicht leicht ist. Wenn Ihr Mann erschien, so war aller leichtfertiger Ton wie hinwegge­wischt und machte einem würdigen Platz." Welch überaus zarter Empfindung er fähig war, und wie zart er andere Seelen berühren konnte, zeigt folgender Auszug aus einem seiner Feldbriefe:Heute morgen habe ich bereits eine kleine Bestattungsfeier gehalten und zwar für einen Sprosser, der nebenan trotz guter Pflege an einem Streifschuß durch den Flügel gestorben ist.Dir, mein stilles Tal, Gruß zum letztenmal; im schönsten Wiesengrunde ist seiner Heimat Haus" so begannen wir, mehrere Kameraden, ihm das letzte Liedchen zu singen. Und dann sagte ich ungefähr Folgendes:Da ruhst du nun, du Nachtigall des Ostens, du kleiner Sprosser. Gar manches Liedchen hast du in dieser Bäume Blüten­schnee gesungen Jahr für Jahr und das Herz erfreut den Kindern deiner Heimat. Und in diesem Jahre, da du wiederkehrtest als der Frühling kam, sähest du Barbaren in deinem Singegarten Hausen. Du entflohest nicht, wie des Landes Kinder, unsere grimmen Feinde. Nein, du sangest uns und unseren Ka­meraden ins Barbarenherz die Lieder deiner Seele, und wir träumten uns im Heimatland, dachten fern der Lieben, an das Jugendland und Vaterhaus, das da ruht im goldenen Frieden unserer Mark, nicht wie die Häuser hier in Schutt

") Priesterlicher Führer.