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Seele, dann war er unfähig zu schaffen. So ist dies Wort aus dem Felde auch ein herrliches Zeichen für die Gesinnung, die Kraft und die Freudigkeit, die ihn draußen vorm Feinde beseelte. Er verlangte nach Zeichenmaterial, Blatt um Blatt wanderte in die Heimat. Diese Zeichnungen sind in Wittstock und Pritzwalk zur Ausstellung gelangt und werden einem Teil der Leser dieses Heftes bekannt sein. Die Schönheit der westdeutschen Natur entzückte ihn, das reiche, liebliche Hügelland, die Städte mit ihren alten, verträumten Bauten. Alles sprach zu seiner Seele.
In einigen prächtigen Charakterköpfen von seinen Kameraden hat er uns typische Bilder des deutschen Kriegsmannes dieser Zeit gegeben: im Auge den tiefen Mannesernst und zugleich das freundliche Leuchten eines Kindergemütes. Einer seiner Kameraden aber, die seine Bilder bestaunten, schreibt: „Von der Prignitz hat er uns gesagt, es sei die schönste Gegend, die er kenne." So lebte das Bild der erwählten Heimat in ihm fort, der er in seinen Bildern ein Denkmal setzte, wie in seinem Museum. Liebe bringt Verstehen. Wie wenige hat er die Eigenart unserer nordischen Natur verstanden, darum ist er wie wenige berufen, den Heimkehrenden ein Führer und ein Freund zu sein. Wer sich in seine Bilder vertieft, mit der Ehrfurcht, die der wahren Kunst gebührt, hineinlebt, den grüßt sein Geist, sein heiteres Gestalten, das Leuchten seiner Seele überall in der Natur, die ihm vertraut war, aus der er seine Schätze hob. Das schlichte Stückchen Feld, das uns erst jetzt so eigen vom Licht umspielt erscheint, erzählt uns von ihm, die Wolke, deren Schweben und Ziehen er uns erkennen gelehrt hat, ist wie ein Stückchen seiner Seele.
„Ich könnte dir das Auge fast beneiden,
Vor dem des Chaos Formen nicht bestehen,
Ich möchte Bilder schau'n, nicht machen können"
ruft Hebbel einem befreundeten Maler zu. Und sein Wunsch ist erfüllt: Bilder schauen lehrt uns der Künstler. Er berührt das Alltägliche mit seinem Zauberstab und hebt es heraus aus dem Bedeutungslosen. Freilich ist nicht allen in gleichem Maße die Gabe verliehen, verständlich zu sein. Das, was die Kunst von Paul Quente auszeichnet, ist seine schlichte Wahrhaftigkeit. Er ist ein sehr reiner Spiegel, der darum überall Verwandtes, schon dunkel Empfundenes im Beschauer anrührt, mit der Einfachheit und schlichten Selbstverständlichkeit, die die Natur selbst für uns hat. So spricht er zunächst zu unserer Erinnerung, zur Erinnerung des Landmannes, der im innigen Zusammenleben mit der Natur vom Morgen bis zum Abend in ihr festgewurzelt ist. Er erkennt sein Feld, das er beackert, seinen Himmel, der ihm Gedeihen, Sonne und Regen schenkt, seine Heimat, die in so einfachen und doch so wunderbar reinen Linien sich aufbaut. Aber all dies tritt ihm verklärt neu, wunderbar reich entgegen.
Wem solche Gaben verliehen, der lebt fort. Freilich, sein Werk ist nicht vollendet, er hat nicht mit vollen Händen geben dürfen, was noch in ihm lebte. Aus den Anfängen sollte erst das Vollenden erwachsen. Aber doch zeigen diese Anfänge so ganz die Richtung und den Inhalt seiner Persönlichkeit. Und die, die seine Bilder kennen lernten, die sie noch kennen lernen werden, die Gelegenheit haben, sich in die Fülle seiner Studien zu vertiefen, werden mit ihm weiter leben. Er wird ihnen überall da begegnen, wo sie gelernt haben, die Natur mit seinen Augen zu sehen, wo der frühlingshelle Glanz seiner Bilder ihre Augen hell macht, das Weben des Lichtes zu sehen. So wollen wir nicht trauern um das, was uns nicht mehr werden konnte, sondern dankbar festhalten, was er der Prignitz, die ihm Heimat ward, in Dankbarkeit zu geben wußte.
A. von Auerswald.