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Paul Quente,
geboren 29. Mai 1887 zu Weißenburg in Thüringen, aufgewachsen in Berlin, gefallen am 16. Oktober 1915 am Hartmannsweilerkopf, und sein Museum.
1906 trat ein Jüngling vor die Abtei Heiligengrabe, schaute sich um und sprach: „Hier bin ich zu Hause." Das war Paul Quente, der kam, seine Mutter zu besuchen, die dort angestellt war. Sein Talent, seine reichen schönen Gaben des Geistes und des Herzens, sein weiter Blick, seine lebhafte Phantasie, sein zutraulich junges Wesen gewann ihm alsbald das Herz der Abtissin, die Freude fand an seinen Zeichnungen und Malereien und den manigfachen Interessen, die in ihm keimten. So kam's, daß er nach Heiligengrabe zuneste brachte, was er mit seinen offenen, glücklichen Augen auf seinen Studienfahrten allerorten erspähte.
Verwendung mußte alles möglichst bald finden; Belehrung jedes Stückchen, jeder Stein, jeder Scherben weiter tragen. Die Schulsammlung in Heiligengrabe nahm manches Stück als Leihgabe auf. Die kleinsten Splitterchen wurden durch Zeichnung zu Werkzeugen ergänzt. Der forschende Geist, der nicht das Ich im Auge hatte, das Ich im engeren Sinne, der sich als Teil des Ganzen fühlte, des Volkes, dem er entsprossen, zeigte sich schon damals, als er, ein mittelloser Schüler der Königlichen Kunstgewerbeschule (Berlin) zum ersten Male Heiligengrabe betrat. Aus diesem Geiste stammt das Heimatmuseum in Heiligengrabe.
Im Frühjahr 1907 kam Paul Quente von einer Studienfahrt auf der Insel Rügen zu längerem Besuche nach Heiligengrabe. Er brachte Studien mit und eine Unmenge Werkzeuge aus der Steinzeit, die er auf Rügen gefunden. Wo er auch war, auf Schritt und Tritt entdeckte er die Zeugen der Vorzeit und bat nun die Abtissin, ihm zu gestatten, im Kapittelsaale des Klosters, der den Besuchern der alten Kulturstätte offen stand, seine Schätze aufbauen zu dürfen zum Nutzen, zur Belehrung der Allgemeinheit. Einige Grabtypen aus den verschiedensten Perioden stellte er in wohlgelungenen Modellen zu den Werkzeugen, einige Skizzen dazwischen, die Ausstellung, die Wurzel des Museums war fertig und fand lebhaftes Interesse bei den Besuchern aus der Gegend: „Hier, dies Hab ich auch, jenes hat mein Nachbar!" „Ach, das bedeutet etwas ? das fand ich vorgestern." Die Abtissin, die sich an dem Eindruck, den die Ausstellung machte, freute, tat den unvorsichtigen Ausspruch: „Bringen Sie mir Ihre Sachen, daß wir prüfen und verwahren und zeigen, was allgemeinen Wert hat."
Da zeigten sich sehr bald die ersten Keime des Museums; Paul Quente aber übernahm es, in seinen Ferien sie zu Pflegen und zu ordnen, und sammelte überall da, wohin ihn seine Studienfahrten — erst allein und dann drei Vierteljahr mit dem Altmeister Eugen Bracht, dann wieder allein — führten. Im Museum finden wir Erinnerungen an seinen Aufenthalt in Dresden, wo er gleich als Meisterschüler Aufnahme fand, an die Studienfahrt nach der Rhön, an seine selbständige Rheinreise im Jahre 1908, einen Aufenthalt in der Neumark 1909. Dort unternahm er seine erste Ausgrabung 1909. Damals schenkte ihm die Abtissin den ersten Schautisch und der erste Museumsraum wurde eingerichtet. Rhein, Rhön, Eifel, Franken, das Erzgebirge, Rügen, Thüringen, seine Heimat: er hatte Freude an allem, das Herz aber hatte ihm die Prignitz abgewonnen. Mit ihren einfachen, schönen, ruhigen Linien sprach sie zu seiner Seele und erzählte seinem lebhaften, empfänglichen Geiste von der Vergangenheit, von den Jahrtausenden, die dahinten liegen und die dem Bilde der Gegenwart als erste Aufzeichnungen und Grundfarben dienten und es zu dem machten, was es heute ist. So und so mußte es gewesen sein, als die Eiszeit wich — hier mußten Menschen gehaust haben, dort hatten sie gelebt, hier ihre Toten begraben — hier in Techow, unserm angrenzenden Nachbardorfe, auf derselben Anhöhe, da heute noch das Grab für morgen ausgeworfen wird. Der Spaten klirrt, und siehe, ein Scherben wird zu Tage gefördert, ein Urnenscherben aus der Bronzezeit, aus der Eisenzeit! — „Menschen von heut, o kommt und seht,