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Womentöilder aus Wenares.
Transport außer Landes, auf die Andamaneu - Inseln, geschafft.
In dem angrenzenden Spinnhaus erregt eine derartige Orangedame unsre Aufmerksamkeit. Morgen soll sie wegen der Ermordung ihrer beiden Töchterchen in die Strafkolonie -abgeschoben werden. Heute hat man ihr die zweifelhafte Wohlthat erwiesen, ihr kleines Söhnchen auf einige Abschiedsstunden in ihren Kerker zu lassen. Aberglaube und Kastenzwang haben diese Frau zur Verbrecherin gemacht. Ihre Kaste gebot ihr, die Vermählung jener Töchter dereinst mit einem für ihre Mittel ganz unerschwinglichen Aufwand zu feiern, der Aberglaube aber raunte ihr zu, daß sie sogar ein gutes Werk thue, wenn sie die kleinen Mädchen vor dein Bilde des elefanteuköpfigen Ehegottes Ganefch in einem Kessel init siedender Milch zum Opfer brächte, denn zum
wasser der zum Pressen der Opiumkuchen dienenden Holzformen werden eingedampft, um die darin etwa gelösten Opiate zu gewinnen.
Inzwischen ist es Abendesseuszeit geworden. Das Rasthaus für europäische Reisende, der Dak-Bungalow, ist leidlich behaglich; der Koch hat ein delikates Huhn mit Reis gekocht, er hat es sogar aus mein ausdrückliches Bitten nicht lebendig gerupft, obgleich ihm das sonst unendlichen Spaß bereitet, — was will man mehr? Mit innigem Ergötzen denke ich überdies gerade an diesen Abend im Dak-Bungalow an Benares zurück. Ich hatte nämlich bei meinen mittels Magnesiumblitzlicht erzielten Aufnahmen in den düsteren Gefängnishallen noch eine unbenutzte Platte übrig behalten. Wie wür's, sagte ich mir, wenn ich damit zum Tagesschluß die mich bedienenden Indier meuchlings aufnühme? Die
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Selbstporträt im Dak-Bungalow.
Lohne würde sie diese beiden Kinder nochmals als Knaben .gebären. Hohe Geldsummen mußten in früheren Zeiteil den Brahminen erlegt werden, damit sie in solcher Weise den unerwünschten Mädchenbestand vermindern halfen!
Flüchteil wir lins aus diesen Zellen des Lasters nnd des Elends hinaus ins Freie! Wie kühlt hier draußen das milde Grün der im Abendwiud wogenden Mohnfelder unsre Augen, die noch von den sonnendurchglühten, lehmgelben Kerkermaueru geblendet sind!
Die Mohnkultur, die Opiumsabrikation, hat zwischen Benares und Ghazipur ihren Hauptsitz. Unser Bild zeigt eine Hindufrau, beschäftigt, die grünen Mohnköpfe mit einein Messer aus fünf schmalen zusammengebundenen Eisenkliugen -einzuschneiden, während der im Felde kauernde Mann den herausperlenden Saft mit einer kleinen Eisenkelle zusammen- kratzt. Streng achten die Aufseher darauf, daß nichts von dem kostbareil Opiumsaft veruntreut wird; selbst die Wasch
braunen Burschen hatten mich durch ihre Weigerung, mir zu einem Bilde zu sitzen, ein wenig verdrossen, sie beriefen sich als Moslemin kaltlächelnd auf Mohammeds Verbot des menschlichen Abbilds. Nebenbei bemerkt, sind die bei Tisch aufwartenden Diener stets mohammedanische Hindu — brah- minische würden schwerlich zu bewegen sein, ihrem Sahib ein saftiges Filet-Beefsteak oder ein ähnliches Gericht vom „heiligeil" Rind auf die Tafel zu stelleil.
Das Kunststück reizte mich. Flugs verbarg ich, während die Diener die Mahlzeit anrichteten, den photographischen Apparat und die Blitzpatronen zwischen meinem Berg von Koffern und Kisten, stellte Tisch und Stuhl auf der Mattscheibe ein, zog die Kassette auf, leitete die Enden des die Blitzpatroneil mit dem Trockenelement verbindenden Drahtes ill Messer lind Gabel, die ich berührte, als die beiden Diener ihre gewohnteil Plätze am Tisch eingenommen hatten. Pünktlich flammten die beiden Blitze empor und bannteil die Züge