Heft 
(1897) 06
Seite
47
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in Langburg drei Menschen mit Lebensgefahr aus den Flammen trug; der Kopf war es, den der be­kannte Maler F. zu seinem berühmten Alexander­bilde nahm; die Hände waren es, mit denen Hans Valaghi die Geige spielte wie ein neuer Rattenfänger.

Wie Lanox gegen ihn abfiel, der in seiner weich­lichen Eleganz unzufrieden unter einer Palme lehnte!

So wie Valaghi zu sein, war ein Kunststück so ganz Weibergefchmack und doch nicht schöner Mann im'flachen Sinn auch von Männern anerkannt, selbst von Neidern ein Elitemenfch.

Und Hans Valaghis Dame?

Nein, ich konnte jetzt nicht mehr zu meinem Hauptmann treten, um ihm zu sagen, daß sie ihren Herrn abfallen lasse ich hätte dann lügen müssen.

Die beiden standen jetzt am Kamin. Wer es sehen wollte, konnte es sehen, daß Valaghi es von neuem aus eine Eroberung absah, und daß er Glück hatte wie immer.

Mit anfeinandergepreßten Lippen stand der Haupt­mann da.

Nach dem Walzer war Ruhepause. Raschin trat zu den beiden, sprach mit ihnen, und dann stand Hans Valaghi ans, ging zu einem der Musiker, nahm ihm die Geige ab, stimmte sie und dann spielte er.

Ich für meinen Teil bin nicht musikalisch die junge Russin war's aber, das mag sie ent­schuldigen. Man sagt, daß viel Unverantwortliches geschieht soaus Flügeln des Gesanges"!

Er stand mitten im Saal, und das bunte Licht aus dem venetiauischeu Kronleuchter flimmerte über ihn hin.

Natürlich! Wenn einer sich heute ritterlich duelliert und trägt morgen Menschen aus dem Feuer und hat einen Kopf wie Alexander, da er nach Indien zog, und spielt Geige wie ein Künstler von euro­päischem Weltruf wie soll der nicht ein Mädchen blenden, das von so oberflächlicher Bildung und so weltlich erzogen war wie dieses!

Ich hatte gar keinen Grund, so wütend zu sein, wie ich es war, und doch hätte ich der jungen Russin die Angen verbinden und Hans Valaghi die Geige entzwei schlagen mögen jawohl, die Geige! Denn ich weiß, daß meinem Hauptmann ihre Töne in der Seele Weh thaten, so etwa, wie wenn jemand mit stumpfem Bleistift über ein blechernes Theebrett hinkratzt.

Er ging plötzlich zu seiner Braut hinüber, die, den Fächer im Schoß, mit halbgeöffneten Lippen dasaß. Sie sprachen ein paar Worte erst war ihr Ausdruck verändert, dann erzürnt, daun gleich­gültig. Als er ging, grüßte sie kühl dann zuletzt sah sie ihm eine halbe Minute nach, so wie man einem entschwindenden Bilde nachschaut, von dem einem plötzlich klar wird, es hätte doch vielleicht kostbarer sein können, als man gedacht.

Dann dieser Valaghi geigte, als habe er alle Zigennermelodien der fernen Puszta in seiner Gewalt, es war eine förmlich hypnotisierende Melodie, und dabei seine Narbe und die Medaille- und das blasse Oval.

Pah! Wie sollte das alles meinen armen Haupt­mann nicht ausstechen in einer Welt, die sich scheinbar daraus kapriziert, alle Sachen so ausgehen zu lassen, wie sie am unerquicklichsten sind.

Ich kam in jener Nacht früh nach Tarnowa zurück. Da trat er mir aus dem Flur entgegen, über­nächtig, reisefertig.

Tom," sagte er,drinnen liegt ein Brief an den Major ich muß plötzlich abreisen ich leb wohl, Tom!"

Ich geleitete ihn in den Hof, an sein Pferd.

Toni," sagte er noch einmal,warum sprichst du nicht?"

Mir blieben die Worte in der Kehle stecken.

Tom," fuhr er fort,es ist nicht gut, wenn man auch einmal thöricht ist! Man hat's zu büßen! Merk dir das."

Und er ritt davon in den anbrechenden Morgen, in den ausblühenden Sommertag, dessen Sonne langsam an den fernen Hügeln emporwänderte.

-X-

Natürlich hat Valaghi die Russin nicht geheiratet; sie war für ihn nur eine Unterhaltung eu xassuM, eine Manöver-Episode.

Acht Tage lang inachte er ihr die Cour, so was man sagt: auf Tod und Leben, dann verschwand er.

Er soll übrigens während jener Zeit in den Fesseln einer großen Diva gelegen haben, die ebenso schön sang, wie er schön spielte. Ein Jahr daraus heiratete er dann eine reiche Amerikanerin Vanderbilt oder so was Aehnliches.

Die russische Schwester soll sehr um ihn getrauert haben dann, als ich sie wiedersah, war ein Um­schwung eingetreten. Ich glaubte, die ältere Schwester vor mir Zu haben sie hatte denselben Entwick­lungsgang durchgemacht, vou dem harmlosen Welt­kind zur berechnenden Weltdame.

Sie war seit einem Vierteljahr die Frau des Grasen Raschin, der bei seinem Sektfrühstück den Gimpel bedauert hatte, der in dies Netz laufen würde.

In dieser Gegend machen die beiden russischen Schwestern noch immer Furore. Sie behandeln ihre Männer schlecht und andre Männer gut. Sie sind schön und chic keine Engel, aber auch nicht schlimm.

Daß ich sie nicht leiden kann, ist Privatsache.

Die Erschwerung öes Nrauenstuöiunrs. *)

Von

Wchard Wukckow (Darmstadt).

ci^er diesjährige Brüsseler Frauenkongreß scheint seinem cZs äußern Erfolge nach nicht allzu glänzend abgeschnitten zu haben. Auch die bedeutendsten Zeitungen brachten nur kurze und unwesentliche Notizen, und selbst die Brüsseler Presse stand dem Kongreß völlig gleichgültig gegenüber, aus allen Berichten geht aber mit voller Klarheit hervor, daß der Eindruck und Erfolg des vorjährigen Kongresses in Berlin viel bedeutender und mächtiger war. Frau

*) Wir freuen uns, unfern Lcfern mitteilen zu können, daß Herr Dr. Richard Wulckow, der bekannte geistvolle Schriftsteller, die brennende Fraucnfrage in einer Reihe von Artikeln behandeln wird, die dem praktischen Gesichtspunkt wie dem idealen in gleicher Weife Rechnung tragen. D. R-