Heft 
(1897) 06
Seite
91
Einzelbild herunterladen

Der Karpfen,

01

Laichzeit des Karpfens fällt in die Monate Mai und Juni. Man glaube aber ja nicht, daß ihn um diese Zeit die Flammeuglut der Leidenschaft durchloht; o nein, auch da bewahrt er die ihm eigentümliche Ruhe und Besonnenheit, streicht kaltblütig lange überlegend und suchend am Ufer lim und her, bis ihn eine besonders stille und seichte Stelle veranlaßt, den Laich abzusetzen.

Es giebt verschiedene Spielarten des Karpfens; die schönste ist der Spiegelkarpfen, der zwischen drei parallelen Reihen großer schillernder Schuppen längs des Rückens und der beiden Seiten einzelne nackte Stellen aufweist. Ter Sattelkarpsen hat nur eine solche Schuppenreihe; fehlt auch diese, so nennt man ihn Lederkarpfen, auch Schlei- iarpfen, Glatt- oder Goldkarpfeu. Wie bei den meisten fischen richtet sich auch beim Karpfen die Körperfarbe nach üinem jeweiligen Aufenthalte, sowie nach der Wasser- und Bodenbeschaffeuheit. Der Rücken ist bald dunkelbraun, bald blaugrün, spielt auch oft ins Schwärzliche, während die Seiten Messingfarben, hellgelb und weißlich schimmern. In Teichen, wo der Karpfen gezüchtet wird, sängt man ihn gewöhnlich durch Ablassen des Wassers; wo dies nicht thunlich ist, auch mit dem Streich- oder Zugnetz. In Teen werden große Fischreusen von Draht, Netz oder ge­flochtenen Weiden versenkt, in die die Fische hineinschwimmen, ahne den Ausgang wieder zu finden. Im dichten Schilfe werden Durchhaue gemäht und in die Gänge die Reuse qclegt; auch da ist der Fang oft sehr ergiebig. Alt die Angel geht der Karpfen, besonders der alte, au Erfahrung -eiche sehr selten, und viel Geduld und Ruhe gehört dazu, ihn zn überlisten. Für Sportfischer ist dieses Angelver- enügen nur eilt mäßiges. Im Winter ist überhaupt jeder Angelversuch vergeblich; der Karpfen ist daun aus seiner Lethargie nicht herauszubekommen er liegt eingebettet im Schlamm und rührt sich nicht. Im Sommer dagegen, Ri durchwärmtein Wasser und bedecktem Himmel ein seiner Sprühregen ist sehr günstig kann man in den Morgenstunden bis zehn Uhr und auch bei Sonnenunter­gang auf eilten Fang rechnen. Gutes, verläßliches und doch feines Angelzeug ist dazu ebenso nötig wie Vorsicht und kaltes Blut. Den Angelhaken wähle man nicht zn groß, etwa Nr. 4 oder 5, damit er vom Köder (Regen­wurm, Schweizerkäse, mit Honig abgeknetete Semmelkrumen, Malz, halbgare Erdäpfel oder gekochte Erbsen) ganz ver­deckt ist; stark und fest muß der Haken sein, damit er den sit harteit Kampf aushält. Einige Zoll über dein Haken befestige man ein kleines Senkblei, das den Köder auf­siegend auf dem Bodeit erhält; ein Floß (Kork) ist bei der Karpfenfischerei angezeigt. Man kam: auch drei, vier und mehr derartig armierte Angelruten in größeren Abständen schief am Ufer so in die Erde stecken, daß der Köder noch ziemlich weit ins Wasser zu liegen kommt; die an der Schnur altgebrachten Flöße geben genau die Stellen au, wo er sich befindet. Ter Angler kann nun aus gewisser Entfernung die ganze Reihe der Ruten überwachen und erkennt am Zucken des betreffenden Floßes, wo sein Ein­greifen nötig ist. Alan muß aber mit dem Auhauen warten, bis das Floß unter der Wasserfläche verschwindet und vom Fisch fortgezogen wird. Der Karpfen ist nämlich ein äußerst mißtrauischer Geselle, der durchaus nicht eilig un Anbisse ist, sondern auch den verführerischsten Köder lange umschleicht, ihn ins Maul nimmt, um ihn sofort wieder auszuspucken, mit der Schnauze von allen Seiten daran schiebt und stößt, sogar an ihm herumnascht, bevor er ihn endgültig nimmt. Hat er nichts Verdächtiges be­merkt, daun verschluckt er ihn samt der Angel undgeht damit ab", wozu mau ihm aber die nötige Zeit lassen muß. Fühlt der Karpfen zu seiner unangenehmen Ueber- raschung den stechenden Fremdkörper im Köder, so schießt er kreuz und quer, möglichst in dichtes Kraut hinein und

versucht mit aller Kraft, sich zu befreien. Nun entspinut sich der eigentliche Kampf zwischen Jäger und Wild, in dem häufig genug der Fisch Sieger bleibt. Ruhe, Be­sonnenheit und Kaltblütigkeit sind auch da wieder die Haupt­sache. Noch bevor er sich ergiebt, macht der Karpfen den letzten Versuch zu seiner Rettung durch euren heftigen Schlag, den er mit dem Schweife auf die gespannte Schnur führt, um sie zu sprengen; das ist der sogenannte Karpfen­schlag, der den Angler nicht unvorbereitet treffen darf, soll Fisch und Zeug nicht verloren gehen. Man pariert die Attacke am sichersten durch das Neigen der Angelrute über die Schulter nach rückwärts, wodurch ihre Widerstandskraft erhöht wird. Gelandet wird der Karpfen dann, wie jeder andre Fisch, unter üblicher Vorsicht. Wichtig ist das vor­herige Auswerfen von Grundköder an jener Stelle, wo man tags darauf zu fischen wünscht.

Brillat-Savarin ist der Erfinder von gastronomischen Probierschüsseln"; das sind solchevon anerkanntem Ge- schmacke und so unwiderleglicher Vortrefflichkeit, daß ihr Aufträgen allein bei jedem wohlorganisierten Menschen alle Geschmackskräfte in Aufregung bringt, so daß diejenigen, bei denen nun: in solchem Falle weder den Strahl des Verlangens noch die Verklärung der Seligkeit wahrnimmt", nicht für Gastronomen in höherem Sinne des Wortes ge­halten werden können. Nun, unter diesen Schüsseln kommt gleich nach einer ungeheuren Straßburger Gänseleberpastete, die wie ein Festungsturin aussieht, eingroßer Rhein­karpfen ü, Irr Chambord, mit reichen Zuthaten schön auf­geputzt", aus den sich die allgemeine Aufmerksamkeit richtet. Alle Unterhaltung bricht ab. Erst nachdem die Teller verteilt sind, sieht mau nach und nachauf allen Ge­sichtern das Feuer des Verlangens, die Verzückung des Genusses und die vollkommene Ruhe der Glückseligkeit" !

Wuffrsche Sprichwörter.

Mitgeteilt von

Wladimir Kznmikow.

Nur nach dem Sturm kann die See ruhig werden.

-X-

Fremdes Unglück macht selten klug.

-X-

Eine Stunde Glück macht eine Woche Unglück vergessen.

Ein dummer Stock hat manchen gescheit gemacht.

Meinetwegen wat' bis zum Halse im Schmutz, aber spritze nur nicht.

Unsre Lieder hören alle, unsre Thränen sehen wenige.

Die Zeiten ändern sich, aber nicht die schlimmen.

Wenn man große Leute nnschaut, wächst man zwar nicht, reckt sich aber doch ein wenig in die Höh'.

Der Staub macht den Himmel nicht schmutzig.

Nicht dort legt die Henne das Ei, wo sie gackert.

Ein Weib ist wie der Schatten: geht man ihm nach, so flieht er, und wenn man ihn flieht, so folgt er.

-X-

Die Sünde des Mannes bleibt vor der Schwelle, die der Frau aber wird ins Haus getragen.

-X-

Durch Unglück wird nur der Krebs schön.