Heft 
(1897) 07
Seite
183
Einzelbild herunterladen

183

Im Werliner Jok-Zeilungsamt.

zahl der Exemplare, die sie empfangen, verzeichnet sind, rufen die Beamten in den Listen Namen und Anzahl der Exemplare auf, und andre Beamte sortieren mit außer­ordentlicher Geschwindigkeit die Exemplare in die einzelnen Fächer. Das alles muß in rastloser Hast geschehen, denn schon schrillen die elektrischen Klingeln, die denSchluß der Listen" anzeigen, weil die Karriolen nach den Bahn­höfen abfahren müssen. Jetzt werden aus den Fächern derjenigen Poststationen, die zn dem betreffenden Kurs ge­hören, für den Schluß gemacht wird, alle Exemplare mit­samt dem unterliegenden Streifen, auf dem die Ortsbezeich­nung steht, herausgezogen, der Streifen wird um die Zeitungen geschlagen, Bindfaden wird mit staunenswerter Geschicklichkeit und Geschwindigkeit um jedes Paket ge­schlungen, dann eilen die Beamten mit den Stößen von Zeitungspaketen nach der Sammelstelle, wo sie die Pakete abliefern, damit sie hier in die Säcke, die für den be­treffenden Kurs bestimmt sind, gepackt werden. Die Säcke werden verschlossen und durch andre Beamte zur Verlade­stelle gebracht, wo die Karriolwagen mit offenen Thüren stehen. Tie aufsichtsführenden Beamten haben ihre Augen überall, Sack auf Sack fliegt in die Karriolwagen hinein, die Thüren werden geschlossen.Fort!" lautet das Kom­mando, und drei, vier Karriolen jagen in schnellster Gangart aus dem inneren Hof durch eure lange Durchfahrt bis in den Vorhof und von da auf die Straße, um ihren Weg nach den verschie­denen Bahnhöfen zu nehmen.

So wird mit fieberhafter Hast im Erd­geschoß und in der ersten Etage gearbeitet.

Wie bereits erwähnt, gehen die Exemplare, die für die Listen der oberen Etage be­stimmt sind, im Fahrstuhl hinauf, und die fertig gepackten Säcke, die unten verladen werden sollen, kommen von der oberen Etage auf einer mit Blech überzogenen Gleitbahn heruntergerutscht.

Das ist das Leben und Treiben im Post- Zeitnngsamt, wie es sich äußerlich dem Besucher zu erkennen giebt. Die Bureau - Arbeit dieses einzig in der Welt dastehenden Post­institutes ist aber mindestens ebenso riesen­haft wie die Arbeit in den Speditions­räumen ; nur vollzieht sie sich natürlich geräuschlos. Sie bereitet aber deshalb außerordentliche Schwierigkeiten, weil sich naturgemäß um die Zeit der Quartalsersten durch das Eingehen der Tausende und Aber­tausende von Zeitungsbestellungen aus dein In- und Anslande die Arbeit auf wenige Tage konzentriert. Es muß dann Tag und Nacht ununterbrochen gearbeitet wer­den, nicht nur in den Speditionsräumen, wo im Laufe des Jahres niemals die Arbeit ruht, sondern auch oben in den Bureau­räumlichkeiten. Hat doch das Post-Zeitungs- amt in seinen Bureaus jährlich ungefähr IT 4 Millionen Geschäftsnummern zu erledigen und außerdem noch den Abrechnungsverkehr mit den Postanstaltei: und den Verlegern der Zeitungen zu besorgen. Ungefähr siebei:

Millionen Mark zahlt das Post-Zeitungsamt allein an die Berliner Zeitungsverleger, für die es das Geld von den viertausend Post­anstalten des Reiches, mit denen es arbeitet, empfängt, und mit denen es natürlich ebenfalls die Verrechnung vornehmen muß. Eine Riesenarbeit verursacht dem Post-Zeitungsamt auch noch alle Quartale die Her­stellung der Zeitungspreisliste, die in einer Auflage von

7 500 Exemplaren jedes Quartal erscheint und für 11000 Zeitungen die Angaben betreffs des Namens, Preises, des Ursprnngsortes, des Erscheinens und so weiter giebt. Nirgends giebt es so vielLeben und Sterben" wie auf den: Gebiete des Zeitungswesens. Innerhalb eines Quartals gehen Hunderte von Blättern ein und entstehen Hunderte von neuen Blättern. Alle Veränderungen müssen natürlich immer wieder in die Zeitungsliste eingetragen und, wenn eine Anzahl von Veränderungen vorhanden ist, durch Nach­träge den Postanstalten mitgeteilt werden, und so erfordert allein diese Preisliste eine ununterbrochene Arbeit das ganze Jahr hindurch, die noch dadurch gesteigert wird, daß das Bureau der Preisliste mit den Verlegern der bestehenden, der neu hinzukommenden und wieder aussterbenden Zei­tungen in beständigem Briefwechsel stehen muß.

Vorsteher dieses originellen und so leistungsfähigen Amtes ist seit 1892 der Postdirektor Weberstedt, dem das Verdienst gebührt, in den fünf Jahren seiner Thätigkeit die Leistungsfähigkeit des ihn: unterstellte!: Amtes vermehrt zu haben und es immer ivieder fertig zu bekommen, die neu herantretenden schwierigen Aufgaben doch zu lösen, obgleich dies manchmal nicht mehr im Bereich der Menschen­möglichkeit zu liegen scheint. Für alle auswärtigen, zu Studienzweckei: nach Deutschland kommenden Postbeamten und Sachverständigen ist das Post-Zeitungsamt eines der

»

Verteilen der Zeitungen auf die einzelnen Postanstalten.