Heft 
(1897) 07
Seite
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Melier Land und Meer.

interessantesten Studienobjekte und eine Sehenswürdigkeit, die sich niemand von ihnen entgehen läßt. Wenn der Leser aber das Vergnügen hat, stets pünktlich morgens oder abends die in Berlin erscheinenden Zeitungen, seien es politische, seien es Fachzeitschriften, zu erhalten, so ver­dankt er es dem rastlosen Eifer, mit dem im Post- Zeitungsamt jahraus, jahrein, Wochentags und Sonntags, Tag und Nacht gearbeitet wird.

Das Leben Holteis hatte in der That etwas von einem Jrrlauf an sich; der Dichter war wohl ein Kind seiner Zeit, aber er ragte andrerseits wieder wie etwas Fremdes in sie hinein, er war der Spätling eines vergangenen Zeitalters, der letzte Nachzügler der alten Sippe der Fahrenden", sür den selbst die Welt der mit ihrem Blick nach rückwärts gerichteten Romantik den richtigen Platz nicht mehr darbot.

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Verladen der Zeitungssäcke.

Karl von Holter.

Zu seinem kMdecWjrstM ÄckurlsliW, 24. Zaitim 1898.

AMvn den Werken, die den Namen Karl von Holteis sW, einst zu einem vielgenannten und gefeierten machten, ist der heutigen Generation, wenn wir etwa von den Gedichten in schlesischer Mundart absehen, wenig mehr be­kannt. Haben sich auch die Weisen zu einzelnen seiner Lieder, wie die desSchier dreißig Jahre bist du alt", desDenkst du daran, mein tapferer Lagienka" und desFordre nie­mand, mein Schicksal zu hören", im Volksmunde erhalten, so sind doch die Bühnenstücke, zu denen sie gehören, fast alle schon der Vergessenheit anheimgefallen.

Meine Lieder klingen In dem deutschen Land,

Denen, die sie singen.

Bin ich kaum bekannt.

So durfte der Dichter, durch seine Lebensschicksale ge­witzigt, wohl singen, und er konnte hinzufügen:

Manche Freunde nennen Meinen Namen nur,

Wen'ge Freunde kennen Meines Jrrlaufs Spur.

Karl von Holtet wurde am 24. Januar 1798 als Sohn eines Husarenoffiziers in Breslau geboren. Die Familie war wenig begütert, doch stand ihm selbst als dem Pflegesohne reicher Verwandten ein ausgedehntes Erbe in Aussicht. Auf dieses wurde seine ganze Erziehung be­rechnet, indes sollte es sich nicht verwirklichen; die alles in Mitleidenschaft ziehende Kriegszeit und die in einem großen Teile der schlesischen Adelsfamilien herrschende Sorglosigkeit in Bezug aus ökonomische Dinge ließen die Träume künftigen Reichtums zerrinnen, noch bevor sie greifbare Gestalt an­genommen. Den Dichter focht dieses Verhängnis persönlich am wenigsten an: noch als Schüler des Breslauer Magda- leneums wurde er von einer wahren Theaterleidenschaft ergriffen, er verkehrte in Schauspielerkreisen, beteiligte sich an Theaterintriguen und kannte keinen sehnlicheren Wunsch als den, von der Bühne herab aus das Publikum zu wirken. Das alles widerstrebte aufs äußerste den in seiner Familie herrschenden Anschauungen und war wenig geeignet, ihn aus der Bahn der Vorbereitung für das Universitäts­studium zu fördern. Bei denjenigen freilich, die ihm mit Rat und That hätten zur Seite stehen sollen, war eher alles andre zu Hause als das, womit sie einem irrenden