Heft 
(1.1.2019) 01
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vr. Rainer v. Reinölst. Die Slavisirmig Gesterreichs.

Die Gesetze der Schweizer Bnndesbehörden sollen sämmtlich, wie die von ihnen ersließenden Ver­ordnungen und Beschlüsse in alten drei National­sprachen gedruckt werden, die Gesetzentwürfe und Commissionsberichte aber wenigstens in der deutschen und französischen Sprache. Diese beiden gelten als die Landessprachen des Cantons Bern; in ihnen müssen daher alle Gesetze, Verordnungen und all­gemeinen Beschlüsse in die französischen Gebiets- theile gesendet werden; die deutsche Sprache ist die Ursprache dieser Schriftstücke. Gesetze und Ver­ordnungen, welche nur für den französischen Cantons- theil bestimmt sind, sowie Verfügungen, Beschlüsse und Urtheile von oberen Behörden, welche einzelne Personen oder Körperschaften in diesen Gebiets- theilen betreffen, werden in französischer Sprache erlassen. Für Freiburg ist der französische Text Urtext; die gleichen Verhältnisse wie in diesen Can- tonen obwalten in Wallis. In der belgischen Kammer werden die Gesetze nur in französischer Sprache votirt, nur dieser Text ist der officielle; doch wird auch eine vlämische Übersetzung derselben (Bulletin ä68 laich veröffentlicht. Ferner werden jene Ver­ordnungen und Mittheilungen für die vlämischen Provinzen, welche die Staatsbeamten an das Publi­kum richten, entweder in vlämischer oder in vlä- mischer und französischer Sprache abgesaßt, ebenso wird es mit den Verordnungen und Mittheilungen im gemischten Bezirke Brüssel gehalten. Die Par­lamentsakte von Canada und die der gesetzgebenden Körper von Quebec werden in beiden Landessprachen gedruckt. Für jene Distriktsbeamten der Cap-Colonie, welche der englischen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, wird eine holländische Uebersetzung des Amts­blatts ausgegeben. In den Ostseeprovinzen wurden die Reichsgesetze bisher nur in deutscher Sprache promulgiert.

Die amtliche Correspondenz aller Schweizer Bundesbehörden findet in allen drei Landessprachen statt. Die Bürger des einen Cantons können sich in ihren Eingaben an die Regierung eines anders­sprachigen Cantons einer der drei Nationalsprachen bedienen; das ist wohl nicht gesetzlich festgestellt, aber üblich. Die öffentlichen Urkunden in den Cantonen werden je nach dem sprachlichen Charakter des betreffenden Verwaltungsbezirkes ansgefertigt. In den vlämischen Provinzen Belgiens findet die Correspondenz der Staatsbeamten mit den Gemeinden und Einzelnen in vlämischer Sprache statt, falls

die letzteren nicht das Verlangen aussprechen, daß bei derselben die französische Sprache zur Anwendung komme oder falls sie sich nicht selbst in der Corre­spondenz dieser Sprache bedienen. In Canada können die Eingaben und Gesuche sowohl in fran­zösischer als englischer Sprache eingereicht werden und die erstere ist auch die Sprache der öffentlichen Aemter in jenen Distrikten, deren Bevölkerung französisch ist. In Ostindien ist mit Ausnahme der drei Hauptstädte Calcutta, Madras und Bombay die in der betreffenden Provinz heimische Sprache in den Verwaltungsämtern üblich, so in Bengalen das Bengalische, in Behar und in den nordwestlichen Provinzen die Urdu- und Hindu-Sprache, in Madras das Telugn und das Tamil; dagegen kommt in den drei Hauptstädten im Allgemeinen die englische Sprache als Verwaltnngssprache zur Anwendung. Gesuche und Eingaben können entweder in der officiellen Sprache der Provinz oder in der englischen Sprache eingereicht werden; in der Praxis werden derartige Schriftstücke stets angenommen und berück­sichtigt, in welcher Sprache immer sie abgefaßt sein mögen. Für Elsaß-Lothringen stellt das Gesetz vom 31. März 1872 die deutsche Sprache als die Geschäftssprache der Verwaltungsbehörden fest, ver­fügt aber zugleich, daß bei den Verhandlungen vor diesen Behörden der Vorsitzende die französische Sprache zulassen könne, sobald sämmtliche mitwirkende oder betheiligte Personen der französischen Sprache mächtig und einige von ihnen der deutschen Sprache nicht kundig sind. Den Bezirksvertretungen von Lothringen und den Kreisvertretungen jener Landes- theile, in welchen die gesummte Bevölkerung oder ein Theil derselben französisch spricht, ist der Mit­gebrauch der französischen Sprache gestattet. Die von den genannten Vertretungskörpern ausgehenden Schriftstücke, sowie deren Protokolle sind in deutscher und französischer Sprache abzufassen und den vor dieselben gelangenden behördlichen Vorlagen kann eine französische Uebersetzung beigesügt werden. Diesen Bestimmungen zufolge ist 50 Gemeinden im Elsaß und 370 Gemeinden in Lothringen der Gebrauch der französischen Sprache als Amtssprache gewährt. Diese Zugeständnisse sind um so bedeutender, als beim Wiedergewinn der Reichslande Jedermann sreigestellt wurde, für Frankreich zu optiren und entweder dahin anszuwandern oder als französischer Staatsbürger in Elsaß-Lothringen 'zu verbleiben.

(Schluß folgt.)