Heft 
(1.1.2019) 02
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Oie Slavisirung Oesterreichs.

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vlänüsche, deutsche uud englische Sprache, sowie zwei andere Lchrgegenstände in vlamischer Sprache ge­lehrt werden; auch ist der Universität Gent eine Anstalt beigefügt worden, welche Professoren her­anbildet, die fähig sind, sich beim Unterrichte der vlämischen Sprache zu bedienen. In Indien be­sitzen alle bedeutenderen Ortschaften Schulen, in welchen die englische Sprache gelehrt wird, und ebenso, wenn auch in geringerer Zahl, Colle- gicn, in denen jene höhere Ausbildung erlangt werden kann, welche der in englischen Hochschulen und Collegien zu erreichenden gleich ist. Für die mittleren und höheren Schulen in Elsaß-Lothringen gilt die deutsche Sprache als Unterrichtssprache; sie herrscht auch in den Mittelschulen der Ostsee­provinzen; nur die russische Sprache wird an den­selben in russischer Sprache gelehrt. Russisch ist auch an einem in Riga für die russische Jugend bestehenden Gymnasium Unterrichtssprache; an der Universität in Dorpat und am Polytechnikum in Riga wird die russische Sprache und orthodoxe Theologie russisch vorgetragen, die übrigen Gegen­stände in deutscher Sprache. Die finnische Sprache ist wegen Mangels an entsprechenden Lehrbüchern an der Universität zu Helsingfors nur auf die Lehrkanzel für finnische Literatur und für Theologie beschränkt. Für die Russen giebt es in Finnland nenn Volksschulen, ein Gymnasium und ein Pro- gymnasium mit russischer Unterrichtssprache.

Die Unterrichtssprache an den Privatschnlen wird im Allgemeineil dem Bedürfnisse und dem Wunsche des Erhalters oder Stifters anheim gegeben. Unter­stützungen erhalten dieselben vom Staate wohl auch dann, wenn sie als höhere Lehranstalten nicht der Pflege der Staatssprache gewidmet sind. So unter­stützt und ermuntert die englische Negierung eine beträchtliche Zahl von Collegien Ostindiens, in welchen die morgenländischen Sprachen in besonderer Weise gepflegt und gelehrt werden. Für Universitäten, Collegien und Schulen privater Leitung in Cnnada kann die Unterrichtssprache mit Rücksicht auf das landesübliche Idiom nach Ermessen gewühlt werden. In der Cap-Colonie bestehen Privatschnlen mit holländischer Unterrichtssprache, auf welche kein Zwang in Bezug ans den Gebrauch der englischen Sprache geübt wird.

Von besonderer Bedeutung ist der Umstand, inwieweit in öffentlichen Schulen ans die Erler­nung anderer Sprachen neben der als Unterrichts­sprache dienenden Amtssprache Bedacht genommen wird. Dies ist in der Schweiz und Belgien der Fall. In den höheren Schulen aller Cantone, von den niit unseren Bürgerschulen aus gleicher Stufe stehenden Sekundarschulen angefangeu, wird neben der Cantonssprache mindestens noch eine National­sprache obligat gelehrt, und zwar in den deutschen

Cantonen die französische (in Schwyz die italienische), in den französischen die deutsche und im italieni­schen Canton Tessin die französische Sprache. In Graubündten (44 Proeent Deutsche, 41 Prvcent Ladiner, über 14 Proeent Italiener, der Rest Fran­zosen) besteht sogar für die. romanischen (ladi- nischen) und italienischen Volksschulen erster Ord­nung die Vorschrift, womöglich auch deutschen Unter­richt zu ertheilen. In Belgien wird auch an den wallonischen Athenäen und Mittelschulen (oeolos unseren Untergymnasien und Unter­realschulen entsprechend) für die Erlernung der vlämischen Sprache gesorgt, ohne daß sie obligat ist; dies ist nur bei der gewerblichen Abtheilnng der Athenäen der Fall.

Aus dem Gesagten ergiebt sich, daß selbst in der Schweiz der Gebrauch der italienischen Sprache als der Sprache einer verhältnißmäßig kleinen Minderheit (5,5 Proeent) gegen jenen der deutschen und der französischeil Sprache in beiden gesetzge­benden Körpern znrücktritt, ebenso wie beim Druck von Gesetzentwürfen und Commissions-Berichten, deren Bekanntwerden doch auch höchst wichtig ist für das Urtheil der Bevölkerung über die Führung der Geschäfte, doppelt wichtig bei einem freien Volke. Die minderwerthige ladinische Sprache findet vollends nur eine beschränkte Duldung. Auch in Belgien behauptet die französische Sprache, als die officielle Sprache des Parlamentes, die Ursprache der Gesetze, die innere Dienstsprache der Aeniter und weitaus überwiegende Unterrichtssprache der Mittel- und Hochschulen ein entschiedenes Uebergewicht über die vlänüsche Sprache, welche ihr eben durchaus nicht ebenbürtig ist. Weit stärker drückt sich das Ver- hältniß zwischen mehrwerthiger und miuderwerthiger Sprache in den Ostseeprovinzen und der Cap-Cv- lonie aus, für deren Einrichtungen freilich auch politische Erwägungen maßgebend waren. Aber auch in Canada, das eine nicht minder liberale Sprachübung als Belgien aufweist, weicht die fran­zösische Sprache der englischen als der inneren Dienstsprache der Aemter. Letztere gewinnt auch in Indien als Dienstsprache der oberen Gerichts­und Verwaltungsbehörden in den Mittelpunkten des Landes wie in der Schule größere Bedeutung als die heimischen Sprachen; und selbst unter diesen ging es llicht an, einfach die volle Gleichberechtigung zu verfügen. Im Elsaß sehen wir mit echt deut­scher Duldung dem wirklichen Bedürfnisse jede schuldige Rechnung tragen, aber freilich wird durch principielle Feststellung des Deutschen als eigentlicher Amtssprache in allen Zweigen der Verwaltung der übermüthigen Heuchelei der Unkenntnis; des Deutschen als Riegel vorgeschoben.

Die Sonderstellung, welche die Schweiz unter den übrigen europäischen Staaten einnimmt und