Heft 
(1.1.2019) 02
Seite
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tvoldemar Raden. Angelica.

Hungers sterben. Der Magen ist ein großer Dichter. Verzeihen Sie, oder rächen Sie sich an Angelica und an mir. An Angelica, indem Sie dieselbe lausen und mit nach Hause nehmen, an mir, indem Sie mich umbringen, ehe Sie sie bezahlen."

Der Marchese brach in ein großes Gelächter aus und umarmte den Maler. Dieser erzählte ihm nun, daß, nachdem ihm bekannt geworden, wie unter den Geschworenen ein reicher und intelligenter Herr wäre, der es hätte erwerben können, er sein Bild Hütte von Mailand kommen lassen; daß die ganze Geschichte von der blonden Deutschen nichts war, als eine Zukost, um das Gericht schmackhafter zu machen,, daß er aber nie die Absicht gehabt, seinen Mäeen zu beleidigen.

Inzwischen," fuhr er fort,haben wir ein kurioses Phänomen gesehen: Leute, die sich in ein ideales Weib verlieben! Angelica (er sprach es mit Emphase) ist das ewige Ideal des Weibes und der Schönheit, für welches die menschlichen Paladine immer kämpfen werden. Dieses Ideal hat dem Künstler, der aus Dunst und Nebel es vor sich aussteigen sieht, den Schlaf der Nächte geraubt. Einem Faust schwebte es vor in seiner Einsamkeit, Raffaello übertrug es aus seine Madonnen. Es ist Alles und nichts, Marchese; Angelica ist das Weib."

Was war aus soviel Beredsamkeit zu erwidern? Der Marchese drückte dem Maler die Hand und sagte:

Ich kaufe Ihr Bild sehr gern, und um so mehr, als ich dieses nicht existirende Geschöpf wirk­lich geliebt habe. Aber sagen Sie aufrichtig: sie existirt nicht? Was doch sagte mir dann der Herr Pavlino und der Graf Oldofredo?"

Was läßt die Phantasie nicht Alles sehen und glauben? Angelica ist die ewige Phantasie, die den armen ans den Wegen des Lebens irrenden Rittern gar lustige Streiche spielt. Kommen Sie, kommen Sie mit mir, wir wollen diesen Morgen noch lachen."

Die beiden Rivalen traten Arm in Arm hinaus. Unterwegs erzählte Lionello den dem Herrn Giovanni gespielten Streich. Der Maler hatte zu diesem Zwecke sich mit einem Freunde, dem Bildhauer auf Bia S. Cacilia in's Einvernehmen gesetzt.

Eine halbe Stunde schon hatte der Makler aus die schöne Angelica gewartet, als er plötzlich den Marchese und Lionello vor sich sah. Er war an­fangs sehr verlegen, als aber die Beiden ihm er­klärten, daß es sich um einen Scherz handele, wollte er's nicht glauben und hätte lieber geweint. In diesem Augenblicke kam im Laufschritte Herr Paolino an, er trug einen schwarzen Rock und gelbe Hand­schuhe; auch er hatte so ein duftendes Brieschen erhalten. Man hatte noch nicht ausgehört, ihm zu applaudiren, da schlüpfte der Professor des Griechi­schen herein, dann der Graf Oldofredo und endlich, schnaubend wie ein Blasebalg, mit einer großen weißen Kravatte, der Advokat Melone. Der aber nahm die Sache übel und es würde eine böse Aus­einandersetzung gefolgt sein, wenn der Marchese nicht sofort Oel auf die hochgehenden Wogen ge­gossen und die ganze Gesellschaft, den Advokaten zuerst, zu einem Diner in seinem Hotel eingeladen hätte, eine Conklusion, die alle Meinungen so schön ordnete, wie Eier in einem Korbe.

Angelica wurde mit sechstausend Liren bezahlt. Wer aber bezahlt ein verlorenes Ideal?

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